Sonntag, 06. Juni 2021
Nach über einem halben Jahr konnten in unseren beiden Kirchengemeinden endlich wieder Gottesdienste in den drei Kirchen gefeiert werden. Die Kirchenvorstände entschied sich vor Weihnachten die
Gottesdienste wegen der hohen Inzidenzwerte vorübergehend auszusetzen.
Stattdessen wurde ein Format über eine Internetplattform entwickelt. Keine Übertragung aus der Kirche, sondern eine gemeinsame Feier von Mitwirkenden und Teilnehmern jeweils von zuhause aus. Die
Gottesdienste wurden als überraschend persönlich empfunden und gut angenommen.
Dennoch war die Freude groß, endlich wieder in den vertrauten Kirchenraum zurückkehren zu können, dem Orgelspiel zu lauschen – der gemeinsame Gesang war noch nicht möglich – miteinander das
Vaterunser zu sprechen, das Evangelium und die Predigt zu hören und nicht alleine oder zu zweien vor dem Bildschirm zu sitzen. Wo man doch eh kaum aus den eigenen vier Wänden kam.
Dafür bin ich von der vorgeschlagenen Gottesdienstordnung abgewichen und habe über die erste Strophe eines meiner Lieblingslieder gepredigt:
Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein;
ach, wie wird an diesem Orte, meine Seele fröhlich sein.
Hier ist Gottes Angesicht, hier ist lauter Trost und Licht. (EG 166)
Ein Lied des schlesischen Pfarrers Benjamin Schmolck aus dem 18. Jahrhundert. Die lutherischen Christen mussten damals erleben, wie im Zuge der Gegenreformation hunderte von Kirchen
„rekatholisiert“ wurden. Es blieben ihnen nur wenige Kirchen, wie z.B. die Friedenskirche in Schweidnitz, an der Pfarrer Schmolck seinen Dienst versah. Die Gläubigen waren teilweise den ganzen
Sonntag unterwegs um an einen Gottesdienst teilnehmen zu können.
Unter solchen repressiven Bedingungen betritt man eine Kirche mit anderen Gefühlen. Hier öffnet sich mit der „Pforte“ wenigstens für die Zeit des Gottesdienstes ein „weiter Raum" (Ps 31,9), der
Trost zu spenden und Licht zu schenken vermochte.
Montag, 07. Juni 2021
Montag, der erste Tag der Woche. Stimmt das?
Ich erinnere mich an eine Auseinandersetzung in der Grundschule mit dem Klassenlehrer, der auch der Rektor der Schule gewesen ist. Jemand, dem man nicht so einfach widerspricht. Doch dieses Mal
wollte ich mich nicht überzeugen lassen. Für mich begann die Woche eindeutig mit dem Montag. Der Beweis? Nach dem Wochenende musste ich in die Schule, mein Vater in die Arbeit! Das war doch klar
der Anfang der Woche. Der Lehrer argumentierte anders, er berief sich auf die jüdisch-christliche Tradition: Am ersten Tag der Woche wurde Jesus von den Toten auferweckt. So berichten es die
Evangelien. Nach dem Sabbat, der biblischen Überlieferung zufolge, der siebte Tag, der Ruhetag, kamen die Frauen zum Grab um Jesus zu salben, wie es der Brauch war. Wenn ich mich recht erinnere,
hat der Rektor schließlich sogar bei meiner Mutter angerufen. Ich musste zähneknirschend nachgeben, glauben wollte ich – der ungläubige Thomas – das aber nicht.
Aus kirchlicher Sicht bleibt der Sonntag, der Tag der Auferstehung, der erste Tag der Woche. Den meisten Menschen wird es egal sein, welcher Tag als der erste der Woche gilt. Faktisch müssen
„alle“ am Montag in die Schule oder in die Arbeit. Und immer mehr arbeiten bereits am „arbeitsfreien“ Sonntag.
Für mich macht es allerdings einen Unterschied, ob mit dem Montag einfach eine anstrengende Arbeitswoche beginnt, oder ob ich mich am Sonntag im Gottesdienst mit dem Segen in die nächsten Tage
senden lasse.
P.s.: Mit der DIN-Norm 1355 wurde wenige Jahre nach unserem Disput der Montag als der erste Tag der Woche festgelegt. Seit 2006 gilt der Standard der ISO 8601 über numerische Datumsangaben und
Zeitformate. Hätten Sie´s gewusst?
Dienstag, 08. Juni 2021
Der evangelische Namenkalender erinnert heute an eine sehr tatkräftige Persönlichkeit. Er vertrat seine Ansichten wohl auch mit Nachdruck, was ihm nicht überall Freunde verschaffte. Zweimal wurde
er der Stadt verwiesen, bevor er seine ambitionierten Vorhaben in Halle an der Saale umsetzen konnte: August Herrmann Francke.
Ich zitiere aus der Kurzbiographie in „Te Deum“: „In kurzer Zeit entstanden ein Internat, eine Waisenschule, eine Lateinschule, ein Lehrerseminar. In den Franckeschen Anstalten wurden 2200 Kinder
von 167 Lehrern unterrichtet, 154 Waisenkinder versorgt,250 Studenten hatten einen Freitisch. 1702 gründete Francke die ostindische Mission und später mit Carl Hildebrand Freiherr von Canstein
die Cansteinsche Bibelanstalt zur Verbreitung preiswerter Bibeln.“
Ein beeindruckendes Lebenswerk, das bis heute Bestand hat. Aber was fange ich mit dieser kurzen Information an? Vergesse ich sie gleich wieder? Erinnert sie mich an Bekanntes? Erfahre ich Neues
für meinen Wissensschatz? Oder fühle ich mich durch dieses Beispiel herausgefordert aktiv zu werden, „etwas Gutes und Sinnvolles zu tun“? Bekomme ich ein schlechtes Gewissen, weil ich mich
vielleicht zu wenig für meine Mitmenschen und die Mitwelt einsetze?
Gestern erhielt ich eine e-mail, die mich daran erinnerte, dass heute der Welttag der Ozeane sei, von dem ich dadurch zum ersten Mal erfuhr. In diesem Zusammenhang wird zu einer Veranstaltung für
Eltern eingeladen: „Zero Waste, wie können wir als Familie plastikfrei leben?“
Der Welttag der Ozeane, wie der Weltumwelttag vorgestern, hat die Aufforderung zum aktivwerden schon im „Grundsatzprogramm“. Es sind im Grunde prophetische Appelle das eigene Leben zu ändern, um
das Leben aller zu bewahren, ja sogar (vor dem Untergang) zu retten.
Gedenktage, die mich beim Gewissen packen, aber auch eine leichte Panik hervorrufen. Nicht zuletzt fühle ich mich nicht nur herausgefordert, sondern auch zum Teil überfordert.
Mittwoch, 09. Juni 2021
Durch Zufall bzw. durch Wikipedia bin ich auf einen sehr speziellen „Gedenktag“ gestoßen. Sicherlich werden sich nur historisch versierte Clubfans an dieses Ereignis „erinnern“. Der 1. FC
Nürnberg besiegt im Endspiel um die Deutsche Fußballmeisterschaft 1923/24 den Hamburger SV mit 2:0. Feiern wird heute deswegen niemand.
Mir wird jedoch bewusst, dass es in unserer säkularen Gesellschaft noch andere Möglichkeiten gibt das eigene Jahr zu „ordnen“ und ihm einen Sinn zu geben. Fußballfans orientieren sich am
Spielplan der ersten und zweiten Bundesliga. Früher, glaube ich, zuerst bekanntgegeben durch eine Ausgabe des Sportmagazins „Der Kicker“. Heute, durch das Internet, wahrscheinlich fast überall
verfügbar.
Dann beginnt die Planung: Heimspiele, Auswärtsspiele, mögliche Termine durch die Qualifizierung der eigenen Mannschaft für den DFB-Pokal. Die Champions-League kommt für Clubfans weniger in
Betracht, aber vielleicht wenn man sich für den FC Liverpool interessiert.
Eine weitere Intensivierung erfährt das Fußballjahr als Dauerkarteninhaber oder als Mitglied eines Fanclubs. Man trifft sich unter der Woche, fachsimpelt, wettet, organisiert die Fahrten zu den
Auswärtsspielen und erinnert sich auch an die „glorreichen“ Zeiten und herausragende Spieler. Da kann es durchaus sein, dass einer weiß, dass heute „Der Club“ vor 97 Jahren seine – wievielte? –
Meisterschaft gewonnen hatte.
Fußball und Kirche waren nicht immer Freunde. Lange Zeit durften zu Gottesdienstzeiten keine Fußballspiele ausgetragen werden. Ist das immer noch so? Aber es gibt durchaus einige Parallelen
zwischen den beiden verschiedenen Welten. Ihnen nachzugehen wäre ein zu weites Feld!
Der kleine autobiographisch grundierte Roman „Der
Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde“ von F.C. Delius (ein Pfarrersohn) erzählt auf amüsante und tiefgründige Weise von diesem spannenden Verhältnis.
Ebenfalls interessant: https://www.fussball-kirche.de/
Donnerstag, 10. Juni 2021
Im Grunde gibt es eine Überfülle von Menschen und Ereignissen, die es wert wären zu werden. Tagtäglich. Auch im Kirchenjahreskalender.
In meinem Pfarramtskalender (der den evangelischen Namenkalender aufgreift) wird heute auf die Gründung des Bundes der evangelischen Kirchen in der DDR hingewiesen. Am 10.Juni 1969 trat die
Ordnung für den Zusammenschluss in Kraft. Wie es dazu kam, wie die weitere Geschichte des Bundes verlief, was nach der „Wende“ daraus geworden ist, dass ist eine längere Geschichte.
Erstinformationen siehe wikipedia.
Wahrscheinlich wissen viele Menschen eher über länger zurückliegende geschichtliche Ereignisse (und deren Hintergründe) Bescheid, als über vieles, das sich zu unseren Lebzeiten ereignet hat,
dessen „Zeitzeuge“ man in gewisser Hinsicht gewesen ist. Wahrscheinlich kennen wir gerade deswegen nur einen kleinen Ausschnitt, vor allem das, was uns aktuell medial präsentiert wird. Und wie
schnell hat sich diese Aktualität wieder verflüchtigt. So erfahren wir oft erst Jahrzehnte genauer von den Vorfällen und ihren Akteuren.
Auch die Heiligen ferner Zeiten lebten meist nicht so fern von der Welt, dass sie nicht auch in solche scheinbar banalen und formalen Angelegenheiten verwickelt gewesen sind. Die sich, wie die
Gründung des Bundes der evangelischen Kirchen in der DDR, als spannender herausstellen, als man vermuten möchte, wenn man das Datum in seinem Kalender liest.
Ein schmales Bändchen zum Weiterlesen: Andreas Stegmann, Die
Kirchen in der DDR
Freitag, 11. Juni 2021
Barnabas ist einer der vielen urchristlichen Apostel und Apostellinnen, die zu Unrecht im Schatten des Apostels Paulus stehen und mehr oder weniger vergessen wurden. Er stammte aus Zypern,
gehörte aber von Anfang an zur (jüdischen) Urgemeinde in Jerusalem, die dann bald von dem „Eiferer“ Saulus verfolgt werden sollte.
Der Gedenktag des Barnabas führt uns zurück in die Ursprünge der christlichen Kirchen. Lange bevor sich die frohe Botschaft auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands ausbreitete, existierten vor
allem in Kleinasien (heutige Türkei) und Syrien große (jüdisch-) christliche Gemeinden, aus denen Kirchen entstanden, die bis heute bestehen, aber in unserer westlichen Welt kaum bekannt
sind.
Barnabas wurde im Jahr 32 Leiter eine seit kurzem bestehenden Gemeinde im heutigen Antakya (damals Antiochen). Die Stadt wurde Sitz des neben Rom und Alexandrien lange Zeit wichtigsten
Patriachats, eine Weltstadt mit der ältesten christlichen Tradition außerhalb Israels!
Auch Nikolaus, einer der sieben Diakone, deren Wahl die Apostelgeschichte (Apg 6,1ff) berichtet, stammt aus dieser bis zu 500 000 Einwohner zählenden Großstadt. Die Apostelgeschichte (Apg 13,1)
erwähnt noch weitere „Propheten und Lehrer“ über deren weiteres Leben sich leider nichts erhalten hat. Von Antiochien und Damaskus (damals beides römisch beherrschtes syrisches Gebiet) breitete
sich das Christentum schließlich nach Europa aus.
Es ist betrüblich, dass das sogenannte jüdisch-christliche Abendland so wenig an dem Schicksal der Menschen aus der Region in und um das heutige Syrien Anteil nimmt. Das Engagement für die
Flüchtlinge hat nachgelassen, die Medien berichten kaum noch über die weitergehenden „Konflikte“. Ohne die Gemeinden aus Antiochien und Damaskus, ohne Menschen, wie Barnabas sähe das
„jüdisch-christliche Abendland“ heute anders aus. Nicht nur deswegen sollten wir die Menschen in Syrien nicht vergessen!
Samstag, 12. Juni 2021
Heute steht wieder einiges zur Auswahl: Unbeflecktes Herz Mariä, ein Fest, das ich nicht kenne. Der Name Isaak le Febvre ist mir ungekannt. Vom Welttag des Tagebuchs erfahre ich soeben aus
der Tageszeitung. Den 12. Juni hat die Uno 2002 zum Welttag gegen die Kinderarbeit bestimmt.
Ich frage mich, wie viele Welttage es inzwischen gibt und wer diese als solche bestimmt. Laut wikipedia sind es über 100, die meisten von der UNO als Aktionstag deklariert. Eine Auswahl findet
sich auf der Seite „Welttag“ auf wikipedia.
Im Zuge auf der Suche nach Informationen zu den Welttagen bin ich auf diese interessante Seite gestoßen: https://www.kuriose-feiertage.de/
Das geben die Macher*innen über ihr Projekt bekannt:
„Unser Kalender verfügt mit 365 Tagen über eine ganze Menge Platz und Raum. Über das Jahr gesehen werden dabei auf der ganzen Welt zahlreiche Feier-, Gedenk- und Aktionstage begangen, von denen
einige einen sehr ernsten, andere einen eher kuriosen Hintergrund bzw. Anlass haben. Um die kuriosen Feiertage soll es auf diesem Blog gehen. Prominente Beispiele sind in diesem Zusammenhang
sicherlich der International Towel Day (25. Mai) oder der International Talk like a Pirate-Day (19. September). Uns hat immer geärgert, dass man sich die jeweils passenden Hintergründe und
Informationen zu diesen kuriosen Feiertagen auf mehreren Websites, Foren und Blogs zusammensuchen musste. Sicherlich gibt es Listen im Wikipedia oder zahlreichen Tagesübersichten im Internet –
eine gesammelte Übersicht, die in die Tiefe geht, fehlt unserer Meinung nach allerdings. Dieses Blog ist der Versuch, eine solche Übersicht zu schaffen.“
Eine tolle Idee. Mir gefällt das!
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