18. - 24. Juni 2021

Freitag, 18. Juni 2021

„All Morgen ist ganz frisch und neu“, so fröhlich und zuversichtlich, wie dieses alte Kirchenlied (EG 440) – ein gesungenes Gebet - in aller Früh loslegt, wird nicht jeder seinen Tag beginnen können.

Die unterschiedlichen Biorhythmen, ein langer Arbeitsweg, kleine Kinder, ungünstige Arbeitszeiten, hohe berufliche Belastung und auch persönliche Sorgen, all das kann den Start in den neuen Tag zu einer großen Herausforderung werden lassen.

Die „Erfindung“ der Losungen, die 1731 zum ersten Mal gedruckt für ein ganzes Jahr verteilt werden konnten, erscheint wie für ein modernes, schnelles Leben konzipiert. Ein alt- und ein neutestamentlicher Spruch für jeden Tag. Man könnte es auch, wenn es nicht so abwertend klingen würde, biblisches Fastfood nennen.

Diese schnelle Lektüre war sicher nicht im Sinne des „Erfinders“ Nikolaus Ludwig von Zinzendorf. Heute können die beiden biblischen Texte auch über das Smartphone übertragen werden. So hat man sie immer bei sich und man könnte tagsüber in einer ruhigen Minute noch einmal „zur Besinnung kommen“.

Für die morgendliche stille Zeit wird man heute wohl „flexible persönliche Lösungen“ finden müssen, auch wenn alle spirituellen Ratgeber auf die Notwendigkeit einer festen Zeit an einem abgeschirmten Ort, mit Kerze etc., hinweisen. Ein kleines Stundengebet mit Lied, Psalmgebet, biblischer Lesung, Stille, Gebet und Segen, wird nur wenigen möglich sein. Da sind natürlich die Frühaufsteher im Vorteil und diejenigen, deren Kinder schon aus dem Haus sind.

Wichtig ist mir persönlich, das war auch das Anliegen des Herrn Zinzendorf, dass ich mich „all Morgen“ verbunden weiß mit unzähligen Christen weltweit, die verschlafen oder putzmunter, ob kurz oder lang, ihr morgendliches Gotteslob anstimmen.

Wer genaueres über die Losungen wissen möchte: https://www.losungen.de/die-losungen/

 

 

Samstag, 19. Juni 2021

Die Suche nach der richtigen Form, der rechten Art und Weise, seinen Glauben zu leben, kann manchen Christen so richtig umtreiben, ruhelos und unstet werden lassen, bis er/sie endlich die Lebensweise gefunden habt, die er/sie für die passende halten. Solche Menschen können ganz schön unbequem werden, richtige Nervensägen für andere, die das – die Frage, wie man als Christ leben sollte – nicht so eng sehen.

Romuald, den ich heute kennengelernt habe, war so ein unbequemer Unruhestifter. Das ist zumindest mein erster Eindruck. Er ist immer wieder aufgebrochen, ja ausgebrochen, bis er endlich ans Ziel seiner Suche gelangte. Ich gebe hier die heutige Kurzbiographie aus „Te deum“ wieder:

„Romuald (951/52-1027) wurde er als Sohn einer adligen Familie geboren und führte bis zu seinem 20.Lebensjahr ein unbeständiges Leben. Als er sah, wie sein Vater einen Verwandten im Streit tötete, änderte er sein Leben. Er zog sich in ein Kloster nahe Ravenna zurück und wurde Mönch. Da ihm die Mönche nicht streng genug lebten, schloss er sich einem Eremiten an, zog dann weiter an verschiedene Orte und gründete und reformierte viele Klöster. In Camaldoli nahe Arezzo gründete er sein bekanntestes Kloster, wo er Elemente des alten ägyptischen Einsiedlertums mit der Ordensregel Benedikts verband. Daraus ging der Orden der Camaldulenser hervor, die nach strengen Regeln leben und als Gemeinschaft in einzelnen Zellen in Schweigen und Fasten zusammenleben.“

Die Suche nach einer „strengen“ Form des christlichen Lebens, das Verlangen nach einer „Reformation“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Kirchengeschichte. Immer wieder gibt es Christen, wie Romuald, die sich nicht mit Halbheiten und dem Vorletzten zufriedengeben. So gesehen stellt Romuald mir heute die Gewissensfrage: Lebst du deinem christlichen Glauben entsprechend?


Sonntag, 20. Juni 2021

Sonntag, Zeit zum Ausschlafen? Oder sind alle Christen Frühaufsteher? Als der Sonntag noch kein Sonntag und kein gesetzlich geschützter Feiertag gewesen ist, wird das wohl (oder übel) so gewesen sein. Da begann der Gottesdienst am ersten Tag der Woche, unserem heutigen Sonntag, vor Sonnenaufgang mit der Auferstehungsfeier! Vor Beginn des (langen) Arbeitstages.

Der Gottesdienst musste zudem oft heimlich stattfinden, denn die Christen mit ihrer „gottlosen“ Art einen einzigen Gott zu verehren waren nicht überall gern gesehen. Die „Ekklesia“ versammelte sich im Wald oder an einer versteckten Au. Später dann in den Wohnungen oder den Häusern vermögender Glaubensgenossen. Kirchen, so wie wir sie heute kennen, konnten erst gebaut werden, als mit Kaiser Konstantin im vierten Jahrhundert „die Wende“ kam und „das“ Christentum staatlich privilegiert und gefördert wurde. Dann musste am Sonntag, wie er nun genannt wurde, nicht mehr gearbeitet werden.

Zu Martin Luthers Zeiten fanden am Sonntag von morgens bis abends Gottesdienste statt, also nicht nur für Frühaufsteher. Dafür gingen die „Protestanten“ auch noch unter der Woche in die Kirche. Aufgrund der bäuerlichen Struktur des Lebens fanden die Gottesdienste oft schon sehr früh statt. Man konnte jedoch auch abends in der Kirche das Evangelium und eine Predigt hören. Das alles gibt es in der Regel in unseren Gemeinden nicht mehr. Da beschränken sich die Möglichkeiten in die Kirche zu gehen auf ein oder zwei Termine am Sonntagvormittag.

In den vergangenen Jahrzehnten wurde mit allen möglichen Gottesdienstzeiten experimentiert, um den veränderten Lebensbedingungen in der modernen Gesellschaft Rechnung zu tragen und so vielen Menschen wie möglich den Gottesdienstbesuch zu ermöglichen. Von Freitag- bis Sonntagabend wurde (fast) alle Möglichkeiten probiert.

Egal wann und in welcher Form ein Gottesdienst stattfindet: Es kommen immer weniger Menschen zusammen um miteinander zu beten, zu singen und die frohe Botschaft zu hören.

 

Montag, 21. Juni 2021


Dieses Thema geht auch uns Christen etwas an. Heute wird der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. Er geht auf die Initiative einiger Schriftsteller und Verleger in der Nachkriegszeit zurück. 1950 wurde er zum ersten Mal in der Frankfurter Paulskirche verliehen.
Unter den Preisträger*innen finden sich viele heute noch bekannte Namen, wie Albert Schweitzer, Theodor Heuss, Astrid Lindgren und Vaclav Havel. Also nicht nur Schriftsteller*innen. In den letzten Jahren bekamen z.B. Saul Friedländer, Carolin Emcke und Amartya Sen den Friedenspreis zugesprochen, für den sie sich mit einer Friedenspreisrede bedankten.
Das inhaltliche und rhetorische Spektrum der Reden aus den über siebzig Jahren ist breit gefächert. Es bietet ein abwechslungsreiches Kompendium des Nachdenkens über den Frieden.
Wie wir in Frieden miteinander leben können, darüber können nur wenige Menschen eine klare Auskunft geben. Im Haushalt der Bundesrepublik gibt es einen Rüstungshaushalt, aber wo werden die Einnahmen und Ausgaben für „den Frieden“ verbucht? Was ist uns der Frieden in unserer Gesellschaft wert? Wer formuliert Ziele und Wege zu einem friedlichen Miteinander? Wer setzt sich dafür ein?
„Meinen Frieden gebe ich euch,“ verspricht Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern. Der Apostel Paulus beginnt jeden seiner Briefe mit einem Friedensgruß. Wir Christen sollten von unserer Berufung in die Nachfolge Jesu eigentlich Expert*innen für den Frieden sein. Aber wann und wo spielt in unseren Gemeinden und Gottesdienste dieses Thema wirklich eine Rolle? Es sind wenige in unseren Kirchen, die sich den Einsatz für Frieden zum Lebensthema gemacht. Sie finden kaum Gehör.
Hören wir wenigstens einmal hin, was uns die diesjährige Friedenspreisträgerin Tsitsi Dangarembga am 24. Oktober zu sagen hat.
https://www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de/

 

 

Dienstag, 22. Juni 2021

Einer der Heiligen des heutigen Tages dürfte mir nicht sympathisch sein. Er war ein vehementer Luther-Gegner: Thomas Morus. Das war mir damals, als ich ihm zuerst begegnet bin, zwar nicht ganz egal, rückte aber wegen dessen Verfasserschaft des berühmten dialogischen Romans „Utopia“ für mich in den Hintergrund.

Dieses schmale Büchlein begründete die literarische Gattung des utopischen Romans. Die Möglichkeiten und Gefahren zukünftiger Gesellschaften waren ein Thema, das -nicht nur - mich Anfang der achtziger Jahre sehr beschäftigte. Auch die Frage nach der gerechten Verteilung der gesellschaftlichen Güter, der materiellen, wie der immateriellen, wie z.B. der Bildung. Darüber schrieb ich dann meine Abiturarbeit im Fach Englisch. Deswegen interessiert mich heute noch alles, was mit Thomas Morus und dem Stichwort „Utopie“ zu tun hat.

Thomas Morus schwankte zeit seines Lebens zwischen dem Verlangen nach einem zurückgezogenen klösterlichen Leben und der Berufung zum Diplomaten im königlichen Dienst.

Ein Dilemma, das ich persönlich ebenso empfand, musste ich mich damals selbst für meinen beruflichen Weg entscheiden. Ein Leben im Kloster hatte ich – als „Protestant“ – natürlich nicht im Blick. Ich wollte dann Rummelsberger Diakon werden. Etwas zwischen „Weltzuwendung“ und „Entsagung“ verbunden mit einer „Bruderschaft“.

Thomas Morus war ein konsequenter Mensch, der zu fest seinen religiösen Überzeugungen stand. Eine Haltung, die ihm schließlich das Leben kostete, als er wegen Hochverrats hingerichtet wurde. Trotz seiner humanistischen Einstellung ließ Thomas Morus allerdings selber Anhänger der Reformation verfolgen und verbrennen. Ein widersprüchliches Leben, ich würde fast sagen, typisch für seine Zeit. Oder für alle Zeiten?

Diese kurzen Notizen können die Weite seines Lebens und der immer noch aktuellen Fragen, die es uns noch heute stellt, nicht abdecken. Es lohnt sich mit seiner Biographie zu beschäftigen!

Mittwoch, 23.Juni 2021

Argula von Grumbach ist, so habe ich den Eindruck, wieder in Vergessenheit geraten. Seit 1998 wird der Argula-Grumbach-Preis vergeben, da wurde an sie erinnert: „Die Argula-von-Grumbach-Stiftung fördert die Gleichstellung von Mann und Frau in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Sie will die Auseinandersetzung mit Geschlechterfragen im gesellschaftlichen und kirchlichen Kontext unterstützen“, so lautet der höchst aktuelle Stiftungszweck.


So beginnt eine kurze biographische Hinführung: „An einem Spätsommertag des Jahres 1523 greift Argula von Grumbach in ihrer Schreibstube beherzt zu Federkiel und Papier. In entschlossenem Ton schreibt sie einen Brief an die gelehrten Männer der Universität Ingolstadt. Argula von Grumbach ist zu diesem Zeitpunkt 31 Jahre alt, von adliger Herkunft, gebildet und Mutter von vier Kindern. Ihr forsches Vorgehen, mit dem sie einem bedrängten Anhänger Luthers beistehen will, bleibt nicht folgenlos. Argula von Grumbach geht als frühe protestantische Laientheologin in die Geschichte ein – aber sie opfert für ihre Überzeugungen auch viel.
Das hatte es noch nie gegeben: Eine einzelne Frau fordert mit einem Brief die gesamte Gelehrtenschar der Universität Ingolstadt heraus: Diese möge doch mit ihr, Argula von Grumbach, öffentlich die Auslegung der Heiligen Schrift disputieren. Während sich die Professorenschaft angesichts dieser Dreistigkeit die Augen reibt, weiß die Absenderin sehr genau, was sie will: nämlich mit theologischen Argumenten zu einer Lösung im Fall des jungen Lutheränhängers Arsacius Seehofer, und damit letztlich zur Sache der Reformation beitragen. Selbstbewusst schließt sie denn auch ihren Brief mit den Worten „Ich habe euch kein Frauengeschwätz geschrieben, sondern das Wort Gottes als ein Glied der christlichen Kirche.“ Nur eine einzige Bedingung stellt sie: Das Gespräch möge auf Deutsch stattfinden, denn Latein, die damals gängige Universitätssprache, beherrscht sie nicht. …“
Sie sind neugierig geworden, dann lesen sie hier weiter: http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=7

Donnerstag, 24. Juni 2021

In der Zeit der Sommersonnenwende meldet sich insgeheim das Weihnachtsfest an. Ein halbes Jahr vor Jesus wird- laut Bericht des Lukasevangeliums - Johannes der Täufer geboren. Im Lobgesang seines Vaters Zacharias, wird er als „Prophet des Höchsten“ eingeführt.

In der katholischen Kirche gilt der Johannistag als Hochfest, in der evangelischen wird der Gottesdienst in der Regel erst am folgenden Sonntag gefeiert. Unter der Woche kämen wahrscheinlich zu wenige Teilnehmer zusammen. Beliebter als der Heilige selbst sind die lokalen Sonnwendfeiern, die auf vorchristliche Erntefestbräuche zurückgehen.

„Kehrt um“, so knapp wird in den Evangelien die Botschaft des Täufers wiedergegeben. „Ändert euer Leben“, so könnte man den Ruf ebenfalls übersetzen. Seine asketische Gestalt und scharfe Worte („Ihr Schlangenbrut“) unterstreichen die Dringlichkeit dieser Forderung. Jetzt ist es Zeit umzukehren, sein Leben zu ändern. Wer zögert, droht die Chance sein Leben zu retten, zu verspielen.

Solche Umkehrrufe hören wir heute im Zusammenhang mit der drohenden Klimakatastrophe. Nicht nur von „Fridays for future“. Nicht zum ersten Mal. Als ich zehn Jahre alt war, veröffentlichte der Club of Rome seinen aufsehenerregenden Bericht „Die Grenzen des Wachstums“. Wir erlebten verschmutze Flüsse und Bäche und erschraken über das Waldsterben. Menschen wurden initiativ, gründeten Umweltverbände, biologisches Landwirtschaften erlebte seine Anfänge, Naturkostläden entstanden. Es hat sich viel geändert! Doch nicht genug!

Natürlich hatte Johannes der Täufer nicht den Umweltschutz im Sinn. Aber sein „minimalistischer“ Lebensstil am Rande der Wüste abseits vom großstädtischen Leben, legt die Vermutung nahe, dass er ähnliches vorhatte, nämlich den Menschen das „Wesentliche“ ihres Lebens bewusst zu machen. Die Gebote Gottes böten hierfür eine gute Orientierung. In ihrem Kern lehren sie – wieder ein Modewort – die Achtsamkeit vor allem Leben. Johannes würde seinen Umkehrruf heute ähnlich formulieren: Achtet alles Leben! Ändert euren Lebensstil. Jetzt!


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