23. - 29. Juli 2021

23. Juli 2021

Ihren Namen schreibe ich fast immer falsch. Vorsicht! Sie heißt Birgitta und wurde um 1303 bei Uppsala geboren.

Ein Satz bei wikipedia lässt mich aufhorchen: „Als Beraterin von Adeligen und zweier Päpste konnte sie auch für eine Friedenspolitik wirken, etwa beim Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich und bei der ab 1375 drohenden Kirchenspaltung.“ Eine spannende Lebensgeschichte ist zu erwarten! Tatsächlich lässt sich ihr ereignisreiches Leben hier nicht annähernd zusammenfassen.

Obwohl Birgitta schon als Kind Visionen erhielt und den starken Wunsch verspürte in ein Kloster einzutreten, wurde sie mit 13 Jahren zwangsverheiratet. Bis zu dessen Tod lebte sie 20 Jahre mit dem Landeshauptmann Ademar Ulf Gudmarrson zusammen und gebar acht Kinder. Nach der Zeit als Oberhofmeisterin am königlichen Hof verbrachte sie zwei Jahre in einem Zisterzienserkloster, wo sie ihre Offenbarungen niederschrieb. Zu dieser Zeit begann sie ein streng asketisches Leben. Sie stiftete in Vadstena ein Kloster und den nach ihr benannten Orden. Ohne Scheu kritisierte Birgitta Politik und Lebensweise des Königshofs.

Von 1349 bis zu ihrem Tod am 23. Juli 1373 lebte sie in Rom, von wo aus sie Pilgerreisen nach Santiago de Compostella und nach Assisi unternahm. Im Alter von 69 Jahren sogar noch ins Heilige Land. Birgitta versuchte u.a. im Hundertjährigen Krieg zu vermitteln und die Rückkehr des Papstes aus dem Exil in Avignon zu bewirken.

Birgittas Christusvisionen beeinflussten maßgeblich die christliche Ikonographie und Frömmigkeit, vor allem die Darstellung der Maria bei der Geburt Jesu.

Bei einem Familienurlaub in Schweden sind wir durch Vadstena gefahren, aber wir hatten, weil wir uns zeitlich verschätzten keine Gelegenheit ihre Gedenkstätte zu besuchen. Ich denke wohl, es wird Zeit mich einmal genauer mit ihrem Leben vertraut zu machen.

 


Samstag, 24.Juli 2021

In der Nürnberger Sebalduskirche zeigt eine verblasste überlebensgroße Darstellung auf der linken Seite des Ostchors die riesenhafte Gestalt des Christophorus wie er das Jesuskind auf seinen Schultern durch den Fluss trägt. Der Blick auf den Christusträger sollte vor dem plötzlichen Tod schützen, vor dem sich in früheren Zeiten viele Menschen fürchteten. Heute wird eher ein plötzlicher Tod erwünscht!

Erstaunlicherweise erhält die erst 1931 neugebaute Thomaskirche im Westen Nürnbergs eine ähnliche überdimensionale Darstellung auf der linken Seite des Altarraums, während auf der rechten Seite der Namenspatron zu sehen ist. Nirgendwo konnte ich eine Erklärung finden, warum der Christopherus hier zu dieser Zeit Eingang in einer evangelischen Kirche gefunden hat. Der damals gerade im Entstehen begriffene evangelische Namenkalender, der zumal bis heute kaum Verbreitung gefunden hat, kann nicht dazu beigetragen haben. Martin Luther hat zwar die historische Existenz des Heiligen bestritten, soll aber in einigen Predigten positiv auf ihn Bezug genommen haben.

Die Legenden um seine Gestalt und Herkunft haben in den Kirchen im Osten und Westen einen sehr unterschiedlichen Verlauf genommen. Die Lektüre der Bestreitung oder Befürwortung seiner Existenz finde ich fast so spannend wie die verschiedenen Erzählungen seines wunderhaften Lebens. Irgendetwas scheint die Menschen trotz aller Zweifel an seiner Erscheinung zu faszinieren. Warum sollte es nicht auch „fiktive Heilige“ geben? Manche Gestalt aus der Literatur entwickelt mehr Wirkmacht als viele historisch nachweisbare Personen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Christophorus

Auf einen „neuen“ Heiligen möchte ich noch kurz hinweisen. Dazu ein Text aus „Te Deum“: „1928 als Sohn eines armen Bauern im Libanon geboren, war er zunächst Hirte und trat mit 23 Jahren in ein maronitisches Kloster ein. Er wurde Priester und führte als Einsiedler ein Leben in Stille und strengster Askese. Schon zu Lebzeiten wurde er als Heiliger verehrt und soll Kranke geheilt haben. Er starb 1898 und wurde 1977 heiliggesprochen; sein Grab ist als Wallfahrtsziel bei Christen und Muslimen in gleicher Weise beliebt.“

 


Sonntag, 25. Juli 2021

Das Neue Testament kennt mehrere Jakobe. Der eine Apostel wird zur Unterscheidung Sohn des Alphäus genannt, später Jakobus der Jüngere. Nach der Auferstehung Jesu übernimmt ein Bruder Jesu namens Jakobus eine führende Rolle in der Urgemeinde in Jerusalem.

Der Jakob, um den es heute geht, gehört zum engsten Kreis um Jesus. Er gehört mit Petrus und Andreas und seinem Bruder Johannes zu den ersten vier Berufenen. Bei besonderen Ereignissen, wie der Verklärung Jesu auf dem Berg oder im Garten Gethsemane, sind nur drei – ohne Andreas – dabei. Nach dem Diakon Stephanus ist Jakobus der erste Apostel der das Martyrium erleidet. Herodes Agrippa I. lässt ihn im Jahr 44 in Jerusalem mit dem Schwert hinrichten.

Die späteren Legenden um die Entstehung der Jakobspilgerfahrt sind kaum zu entwirren. Es bleibt im wahrsten Sinn undurchsichtig wer mit welchen Interessen hinter der Propagierung der Wallfahrt steht. Der „legendäre“ Jakobus wird im Zuge der Rückeroberung zum „Maurentöter“ stilisiert, als es den christlichen Heerscharen gelingt die muslimische Herrschaft über Spanien abzuschütteln. Daher sein Ansehen als Nationalheiliger. Sein Gedenktag orientiert sich an der „wunderbaren“ Auffindung seiner Gebeine im 9.Jahrhundert. Diese „Tatsache“ wurde schon von kritischen Zeitgenossen stark bezweifelt.

Nach Martin Luthers umfassender Kritik des Pilgerwesens, vor allem der Jakobswallfahrt verlor der Weg nach Santiago de Compostella weiterhin deutlich an Beliebtheit. Erst gegen Ende des 20.Jahrhundert beginnt ein erneuter Aufschwung, vor allem als einige Prominente Berichte über ihre Erfahrungen als Pilger*innen veröffentlichten.

In Deutschland war es der evangelische Pfarrer Paul Geißendörfer aus Heilsbronn, der 1992 mit der „Wiederentdeckung“ des fränkischen Jakobswegs einen entscheidenden Beitrag zur wiedergewonnenen Popularität leistete. 2019 machten sich über 300000 Menschen auf den Weg.

Eine gute und kurze Einführung: Klaus Herbers, Der Jakobsweg

 


Montag, 26. Juli 2021

Diese zwei Heiligen werden zwar zur Heiligen Familie gezählt, wurden aber mit ziemlicher Sicherheit erfunden. Erst im 2.Jahrhundert nach Christus werden Anna und Joachim zum ersten Mal genannt. Sie sollen die Eltern von Maria, der Mutter Jesu, gewesen sein.

Mitte des 2.Jahrhunderts entstehen Schriften, die sich vor allem der Kindheit Jesu und seiner „Vorgeschichte" widmen. Sie wollen beunruhigende Wissenslücken füllen: Woher stammt Maria, die im Matthäus- und Lukasevangelium wie aus dem Nichts auftaucht und auf keinerlei familiäre Zusammenhänge verweisen kann, beinahe als wäre sie eine Verwaiste. Und dann klafft noch die Lücke nach Jesu Geburt bis zu der Zeit, als er im Alter von 12 Jahren mit seinen Eltern nach Jerusalem zum Tempel wallfahrte.

Diese „Lücken“ im Lebenslauf der Heiligen Familie wurde in diesen Schriften mit erstaunlicher Unbefangenheit und phantasievollen, teilweise skurrilen Geschichten gefüllt. Kein Wunder, dass sie größeres Interesse neugieriger Menschen fanden. Die bekannteste dieser Schriften firmiert heute unter dem Namen „Protevangelium des Jakobus“. Er bedeutet in etwa: „Die Vorgeschichte des Evangeliums“ Dort erfahren wir u.a. von Anna und Joachim.

Hier eine kurze Inhaltsangabe: „Joachim wird als reicher und frommer Mann beschrieben, der regelmäßig den Armen und dem Tempel spendet. Da seine Frau jedoch unfruchtbar ist, weist der Hohepriester Joachim und seine Opfer zurück, die Kinderlosigkeit seiner Frau wird von ihnen als Zeichen göttlicher Missgunst gedeutet. Joachim zieht sich daraufhin in die Wüste zurück, wo er 40 Tage lang fastet und Buße tut. Ein Engel erscheint sowohl Anna als auch Joachim und kündigt ihnen die Geburt eines Kindes an. Joachim kehrt nach Jerusalem zurück und umarmt Anna vor dem Eingang zum Jerusalemer Tempel, der „Goldenen Pforte“. Das verheißene Kind Maria wird geboren.“

Weiterführendes bei wikipedia unter Anna (Heilige) und Joachim (Heiliger) und Protevangelium des Jakobus.

 


Dienstag, 27. Juli 2021

Madonna heißt tatsächlich Madonna. Madonna Louise Ciccione veröffentlichte am 27. Juli 1983 ihr erstes Album, schlicht „Madonna“ genannt. Landläufig meint diese Bezeichnung exklusiv Maria, die Mutter Jesu. Sie sie die Madonna! In der Kunstgeschichte beschränkt sich der Begriff in der Regel auf Mariendarstellungen mit Kind und gilt als das häufigste Motiv in der christlichen Kunst.

Die „andere“ Madonna hat es auch zu einem Kultstatus gebracht. Seit Jahrzehnten hält sich sie an der Spitze der Popstars. Der Begriff Superstar müsste in unserem an Superlativen reichen Zeitalter wahrscheinlich durch Megastar ersetzt werden.

Madonna setzt sich immer wieder mit den ihre Kindheit prägende katholische Glaube ihrer Familie, vor allem ihrer Mutter, auseinander. Sie verwendet oft christliche Symbole in ihren Shows, was ihr den Vorwurf der Blasphemie einbrachte. Auf ihrer Confessions (Bekenntnisse)-Tour sang sie das „Live to tell“ mit einer Dornenkrone an einem Kreuz. Angeblich plädierten Kardinäle mehrfach für ihre Exkommunikation. Madonna soll sich außerdem für östliche Religionen und die jüdische Kabbala interessieren. Mich würde es interessieren ihre Texte eingehender unter die religiöse Lupe zu nehmen!

2008 wurde sie in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Eine Art Walhalla für Persönlichkeiten aus dem Music Business.

Die Kategorien, wer als Heilige/r verehrt werden kann, sind in dieser Institution offensichtlich juristisch nicht so klar geregelt, wie in der römisch-katholischen Kirche. „Das Volk“ entscheidet auch hier so manches Mal selbst und wählt sich seine eigenen Heiligen.

Madonna steht in dieser Hinsicht seit Jahrzehnten ganz oben! Sie ist die kommerziell erfolgreichste Sängerin der Welt und auf Platz 4 der weltweit erfolgreichsten Interpreten. Von manchen Menschen dürfte „diese“ Madonna tatsächlich wie eine Heilige verehrt werden. Welches Licht wirft dieses Phänomen auf die Verehrung religiöser Heiliger?

 


Mittwoch, 28. Juli

Mit den Kantaten und Oratorien von Johann Sebastian Bach, dem wir heute gedenken, kann man gut einen Gang durch das Kirchenjahr gestalten. Inzwischen gibt es sein Gesamtwerk mehrfach günstig auf CD und wahrscheinlich auch über die Streaming-Dienste.

Zu den festlichen Höhepunkten des Kirchenjahres werden die Matthäuspassion oder das Weihnachtsoratorium „fast überall“ live gespielt, so dass es nicht schwer fallen dürfte einer Aufführung beizuwohnen. In der Regel werden die Bach`schen kirchenmusikalischen Werke heute konzertant, d.h. nicht als Gottesdienst, dargeboten. In größeren Städten werden aber auch Kantatengottesdienste gefeiert.

Johann Sebastian Bach hat für jeden Sonn- und Feiertag zum Teil mehrfach Kantaten komponiert. Am kommenden 9. Sonntag nach Trinitatis könnte man dann zwischen drei Werken wählen: „Herr, gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht (BWV 105)“ oder „Was frag ich nach der Welt (BWV 94)“ oder „Tu Rechnung! Donnerwort (BWV 168)“. Da sich über die Jahrhunderte doch die ein oder andere Änderung am Schwerpunkt des jeweiligen Sonntags ergeben hat, kann es sein, dass die Kantaten nicht immer „ganz passen“. Aber so genau muss man seine Auswahl ja nicht unbedingt nehmen.

Da auch die Bach-Kantaten sich nicht mehr selbst verstehen, sind inzwischen einige Publikationen erschienen, die sowohl die musikalische, als auch die inhaltliche Gestaltung erschließen helfen. Man kann dann ganz gut nachvollziehen, wie Johann Sebastian Bach „seine“ Lutherbibel gelesen und kompositorisch umgesetzt hat. Manche Sicht- und Glaubensweise der Kantaten ist uns inzwischen recht fremd geworden. Aber vielleicht hilft so eine „Verfremdungseffekt“ unseren eigenen Glauben kritisch zu hinterfragen?

Als Einführung in die Kantaten: Hans-Joachim Schulze, die Bach-Kantaten; oder: Meinrad Walther, „Erschallet, ihr Lieder, erklinget ihr Saiten!“ (Beide beziehen ausdrücklich das Kirchenjahr mit ein!)


Donnerstag, 29. Juli 2021

Kirchen die nach Martha benannt sind, gibt es sehr wenige. Martha wird selten ohne ihre Schwester Maria genannt, wie z.B. als Name des Krankenhauses Martha-Maria in Nürnberg. In der Königstraße, auf dem Weg vom Bahnhof zur Kaiserburg, liegt versteckt hinter den Häusern die evangelisch-reformierte Kirche St. Martha. 2014 wurde sie durch einen Brand weitgehend zerstört, konnte aber wieder aufgebaut werden. Seit 2018 finden dort wieder Gottesdienste, Konzerte und andere Veranstaltungen statt. Ihre Kunstschätze wurden schon im Jahr 1800 an die Lorenzkirche übergeben.

1385 wurde die Kirche geweiht. Sie wurde neben dem nebenstehenden Pilgerspital errichtet, das seit 1363 die zahlreichen Pilger betreute, die auf ihren oft gefährlichen Wanderungen (vorübergehend oder für immer) nicht mehr weiterkonnten. Gestiftet wurde die Einrichtung, die für das körperliche und seelische Wohl der  Pilger*innen sorgte, von der Nürnberger Patrizierfamilie Waldstromer. Sie wählten Martha vielleicht, weil sie von der biblischen Überlieferung als tatkräftig und fürsorglich geschildert wurde.

Die folgende Charakterisierung entnehme ich wieder „Te deum“: „Die beiden Schwestern Marta und Maria wohnten in Betanien, vermutlich in einem eigenen Haus, nicht im Haus ihres Bruders Lazarus. Die drei Geschwister waren Freunde Jesu. Marta war wohl die Ältere. „Sie nahm Jesus in ihr Haus auf und sorgte für den Gast“ (Lk 10,40; Joh 12,2). Zu ihr, der sorgenden Hausfrau, sagte Jesus im Hinblick auf die ihm zuhörende Maria: „Maria hat das Bessere gewählt.“ Hier wird scheinbar das kontemplative Leben über das aktive gestellt. Dabei geht es um das „eine Notwendige“ für alle, von dem das aktive Tun nicht ablenken soll. In der Erzählung von der Auferweckung des Lazarus (Joh 11,25-27) ist Marta wiederum die Aktivere, sie geht Jesus entgegen. Auf das Offenbarungswort Jesu: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ bekennt sie: „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in diese Welt kommen soll.“

In seiner berühmten Predigt über Martha und Maria dreht Meister Eckehart die übliche Wertung um und lobt Martha!


Kommentare: 1
  • #1

    Thomas Brandl (Sonntag, 05 September 2021 07:36)

    Eine aufmerksame Leserin hat bemerkt, dass beim Eintrag am 24. Juli unten die Jahresangabe nicht stimmen kann. Dazu fehlt dann auch noch der Name des betreffenden Heiligen: Es handelt sich um Scharbel Mahluf, der im Jahr 1828 geboren wurde und im Alter von 70 Jahren 1898 verstarb.

    Ich danke für den freundlichen Hinweis. Ich freue mich über Rückmeldungen!