1. - 7. Oktber 2021

Freitag, 1. Oktober 2021

Heute ringt der Tag des Kaffees mit dem Weltvegetariertag um die Aufmerksamkeit der Menschen. Misst man die Länge der Artikel unserer lokalen Zeitung, hat der Kaffeetag die Nase vorn. Ich mahle gerne die Kaffeebohnen für das morgendliche Getränk meiner Frau und genieße den Duft, aber davon ist in dem Bericht nicht die Rede, wie auch der Geschmack des Kaffees, die verschiedenen Sorten nicht von Belang sind.

Es geht natürlich um den Verbrauch und um die Frage, ob die Deutschen zu den führenden Kaffeekonsumenten gehören. Wir Deutschen haben, egal worum es geht, den Drang Tabellenführer zu werden. Die Umweltfreundlichkeit der Bambusbecher und der Kaffeekapseln wird erörtert und die Bedeutung des Kaffeekonsums für den Staatshaushalt festgestellt. Naja. Ich mache mich auf die Suche nach dem Weltteetag und gieße mir eine weitere Tasse leckeren Oolong-Tees ein.

Noch ein Wort zum Vegetariertag. Mit ihm beginnt der World Awareness Month, der am 1. November mit dem Weltvegantag endet. Bereits 1977 wurde erstmals versucht, das Bewusstsein für die Vorzüge fleischloser Ernährung zu wecken, während der Kaffeetag erst 2006 vom Deutschen Kaffeeverband initiiert wurde.

Ob die Heilige Theresia vom Kinde Jesus fleischlos gelebt hat, vermag ich nicht festzustellen. Die meisten Klostergemeinschaften, soweit ich den Einblick habe, präferieren, zumindest laut ihrer Regeln, den weitgehenden Verzicht auf Fleisch. Vor allem die Franziskaner machen sich für eine umweltbewusste Lebensweise stark.

Doch zurück zur „kleinen Therese“ (1873-1897), wie sie zur Unterscheidung von Teresa von Avila genannt wird. Ihr war kein langes Leben beschert. Schon mit 15 Jahren bedrängte sie den Papst, in den Karmel in Lisieux in der Normandie aufgenommen zu werden. In allen Kirchen in der Normandie, wie ich im Urlaub feststellen konnte, werden vor ihrem Bild zahlreiche Kerzen angezündet. Ihre Lebensgeschichte (Geschichte einer Seele) soll in Frankreich das meistgelesene Buch nach der Bibel sein. 

 

 

Samstag, 2. Oktober 2021

Unsere katholische Nachbargemeinde ein paar hundert Meter weiter unten auf der Sigmundstraße ist den Heiligen Schutzengeln geweiht. Der Glaube an Schutzengel dürfte der kleinste gemeinsame Nenner sein, auf den sich wohl die meisten Menschen einigen können. Sie wirken so sympathisch und eindeutig, was sich von dem „großen“ Gott nicht so sagen lässt. Er passt in keine handsame Formel. Aber auch die Schutzengel haben ihre Tücken. Es passiert doch immer wieder ein Unfall, ein Verbrechen oder ein Unglück. Wer hat dann versagt? Oder war wieder nur alles Einbildung?

Zum heutigen Fest der Heiligen Schutzengel, gebe ich Pater Anselm Grün das Wort.

Er schreibt im Oktoberheft seiner Monatsschrift „einfach leben“: „Das Bild des Schutzengels verweist auf ein menschliches Bild Gottes, der sich um unsere Sorgen kümmert und uns einen Engel zur Seite stellt. Jeder von uns hat wohl schon einmal eine solche Erfahrung des Behütetseins gemacht: Im letzten Augenblick haben wir auf der Autobahn etwa den Wagen wahrgenommen, der uns mit großer Geschwindigkeit überholen will. Oder wir hatten bei einem Unfall das Gefühl, das wir vor einer schlimmeren Verletzung bewahrt wurden. Allerdings fragen sich manche Menschen: Wo war der Schutzengel, als mein Sohn tödlich verunglückt ist oder als meine Tochter früh an einer unheilbaren Krankheit gestorben ist? Wir dürfen uns keine zu naive Vorstellung machen. Der Schutzengel schützt uns nicht vor jeder Krankheit und auch nicht immer vor dem Tod. Aber ganz gewiss schützt er uns im Tod und in der Krankheit. Der Schutzengel breitet seine Flügel aus über den inneren Raum der Stille, in dem wir ganz frei und heil und ganz sein können. Origenes hat im 2. Jahrhundert das Wort Jesu, dass unsere Engel Gottes Antlitz (vgl. Mt 18,10) schauen, so interpretiert: Jedem wird bei seiner Geburt ein Engel von Gott zugeteilt, der uns auch auf allen unseren Umwegen und Irrwegen begleiten und uns im Tod über die Schwelle in Gottes barmherzige Arme hinein tragen wird.“


Sonntag, 3. Oktober 2021

Der Tag der deutschen Einheit (seit 1990), der Tag der offenen Moschee (seit 1997), Erntedankfest (seit schon immer?) und der Todestag des Heiligen Franz von Assisi (seit 1226). Das sind die offensichtlichen Highlights!

Für die Nürnberger Lokalpatrioten und Geschichtswerkstättler erwähne ich noch die Gründung der bis heute bestehenden Bleistiftfabrik durch Johann Sebastian Staedtler. Ob dessen Eltern Liebhaber der Musik Johann Sebastian Bachs gewesen sind? Daraufhin gleich noch etwas lokalhistorisches: 1622 erhebt Kaiser Ferdinand II. die Altdorfer Akademie in Altdorf bei Nürnberg zur Universität der Freien Reichsstadt Nürnberg. Inzwischen wird ja wieder fleißig an einem Hochschulstandort Nürnberg gebastelt.

Für Literaturfans vielleicht interessant: die Verleihung des Nobelpreises für Literatur an die polnische Dichterin Wisława Szymborska im Jahr 1996. Die liegt jetzt auch schon wieder ein paar Jahre zurück. Danke für die Erinnerung. Ihre Gedichte habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Werde dann mal nach einem Bändchen ihres schmalen, aber beeindruckenden Werkes greifen.

Dank vieler Geimpfter und Genesener konnte in unserer Kirche der Erntedanktag beinahe wie „früher“ gefeiert werden. Viele Kindergartenkinder mit ihren Familien waren dabei und haben kräftig gesungen. Die Erntedankgaben lagen in beeindruckender Menge und Vielfalt auf den Altarstufen und wurden im Anschluss zugunsten bedürftiger Menschen aus der Gemeinde versteigert. Noch kein „normaler“ Gottesdienst, aber ein Lichtblick auf unbeschwertere Zeiten, die wieder kommen möchten.

Erntedank wurde in allen Kulturen und zu allen Zeiten gefeiert. In unseren Zeiten des Überflusses ist es allerdings nicht einfach, das Bewusstsein wach zu halten bzw. zu wecken, dass diese Rundumversorgung mit Waren aus aller Welt keine Selbstverständlichkeit ist und sein darf. Vor allem die Kehrseite und die Leidtragenden der Wohlstands- und Wegwerfgesellschaft wollen viele Menschen nicht wahrnehmen.

 


Montag, 4. Oktober 2021

Als Jorge Maria Bergoglio bei seiner überraschenden Wahl zum Papst den Namen Franziskus wählte, war alle Welt erstaunt. Den Namen Franziskus wagte sich noch kein Papst zuzulegen.

Jorge Maria Bergoglio ist zudem noch Angehöriger des Ordens der Jesuiten. Deren Mitglieder absolvieren zwei Studiengänge und tragen meist den Doktortitel. Franz von Assisi wehrte sich zunächst vehement, als einige seiner Brüder an der Universität studieren wollten. Ja, er verbot den Besitz von Büchern und verschenkte mitunter auch die Bibeln, die für die Lesung im Gottesdienst gebraucht wurden.

Warum es bis 2013 dauern musste, bis einer der erste Franziskus zu sein wagte?  War und ist der kleine Mann aus Assisi doch einer der weltweit beliebtesten Heiligen. Doch obwohl sich Franz immer betont papsttreu gezeigt hat, scheinen die Päpste eine gewisse Scheu vor dem „Armen“ aus Umbrien – der tatsächlich die Stütze seiner strauchelnden Kirche gewesen ist – gehabt zu haben.

Franz von Assisi zeigte eine deutliche Zurückhaltung gegenüber gut durchstrukturierten Organisationen und hielt – in seinem eigenen Orden – nichts von einer amtlichen Hierarchie. Lange wehrte er sich gegen eine Regel, die zu viel festlegen wollte. In der gleichen Zeit gewann eine kirchenrechtliche Auffassung der Kirche nach und nach die Oberhand. Etwas, was dem armen Franz ganz sicherlich nicht gefallen hätte.

Der Name eines Papstes signalisiert ein gewisses Programm. Papst Franziskus I. hat diese Wahl besonders unterstrichen, als er mit dem Bus durch Rom fahren wollte und sich weigerte im vatikanischen Palast zu wohnen. Zumindest mit seinen programmatischen Verlautbarungen wie „Evangelium gaudii“ und „Laudato si“ schien er die hochgesteckten Hoffnungen zu erfüllen. In anderer Hinsicht, z.B. was die Position der Frauen in der Kirche betrifft, vertritt er eine konservativere Haltung. Eine von vielen erwartete Reform der römisch-katholischen Kirche scheint nicht so recht voranzukommen. Ebenso wenig gelingt eine Klärung in dem andauernden Skandal des jahrzehntelangen sexuellen Missbrauchs.

 


Dienstag, 5. Oktober 2021

Inzwischen sind die langen Ladenöffnungszeiten eine Selbstverständlichkeit geworden. 1989, so lese ich gerade nach, wurde ab dem 5. Oktober zum ersten Mal die Öffnung bis 20 Uhr an einem Donnerstag erprobt. Ich war damals nicht begeistert und bin es bis heute noch nicht. Natürlich gehe ich inzwischen hin und wieder nach 18 Uhr einkaufen, aber selten und samstags um diese Zeit eigentlich nie. Aber manchen Menschen ist auch diese Möglichkeit zu kurz. Ich staune immer über den Andrang an den verkaufsoffenen Sonntagen. Da kann ich mir Schöneres und Sinnvolleres vorstellen.

Das 19. Jahrhundert war die Hochzeit für die Gründung von karitativen Einrichtungen. Nicht nur von evangelischen oder katholischen, sondern auch von „freigeistigen“ oder sozialdemokratischen und genossenschaftlichen Initiativen. Im Bereich der evangelischen Kirche wurden diese diakonischen „Anstalten“, wie sie oft genannt wurden, interessanterweise meist außerhalb und gegen den (anfänglichen) Widerstand der verfassten Kirche gegründet.

In Meinungsumfragen gegen Ende des 20. Jahrhunderts sicherten gerade diese diakonischen Aktivitäten der evangelischen Kirche noch die Sympathien vieler Menschen. Ich befürchte, dass die konsequent betriebswirtschaftliche Ausrichtung der inzwischen zu Unternehmen angewachsenen Werke nicht mehr allzu lange die „sympathische Basis“ der Kirche bleiben wird.

Der Pfarrer Theodor Fliedner gründete eine dieser Einrichtungen der gelebten Barmherzigkeit und Nächstenliebe in Kaiserswerth bei Düsseldorf. Es ist schon erstaunlich, was dieser „Landpfarrer“ alles auf die Beine stellte, um benachteiligten Menschen zu helfen. Er gründete dabei auch die erste Diakonissenanstalt, wo Frauen zu Krankenpflegerinnen im Krankenhaus oder für die Kirchengemeinde ausgebildet wurden. Bis in die achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts gab es solche Schwestern noch in unseren Kirchengemeinden, bis ihre Tätigkeit immer mehr „professionalisiert“ wurde und in den modernen diakonischen Pflegediensten aufging, die natürlich übergemeindlich arbeiten.

 
Mittwoch, 6. Oktober 2021

Ich hätte nicht gedacht, dass die Aufführung des Films „Die große Stille“ jetzt schon wieder so lange zurückliegt. Der mehrfach ausgezeichnete, dreistündige Film wurde 2005 das erste Mal in Deutschland gezeigt und beeindruckte das Publikum mit seinem Sujet, der langen Dauer der Einstellungen, der Handlung, die im Zeitlupentempo ablaufen zu scheint, und der Stille: Dialoge beinahe null. Ein solcher Film war bisher ganz sicher noch nicht zu sehen.

Über mehrere Monate lebte der Regisseur Philip Gröning bei den Kartäusern in der Grande Chartreuse in der Nähe von Grenoble. Die Kartäuser leben in einer Art Gemeinschaft von Einsiedlern in ihren Zellen. Nur zu den Gottesdiensten und zur „Récréation“ am Sonntag treffen sich die Männer, ansonsten leben sie im Schweigen bzw. im Gebet und im Lesen der Bibel. Natürlich verrichten sie auch notwendige Arbeiten, aber der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem immerwährenden Gebet.

Diese für außenstehende manchmal unheimliche Stille und „Tatenlosigkeit“ wirkte auf die Zuschauer in ihrer Fremdartigkeit faszinierend, aber auch verstörend. Eine andere unbekannte Welt öffnet sich. Ein anderes Zeitverständnis. Eine, wie man sagen könnte, völlig andere „Prioritätensetzung“: Gott zuerst! Oder auch: Gott allein. Was „da draußen“ in unserer Welt so abgeht, interessiert sie nicht.

Bruno der Kartäuser, ein gebürtiger Kölner, begründete die Gemeinschaft der schweigenden Männer, als er sich 1082 in einem Wald in Frankreich zurückzog. Sechs Jahre später baute er in der Nähe von Grenoble ein kleines Gebethaus und einige Zellen, woraus sich dann die „geheimnisvolle“ und beeindruckende Grande Chartreuse entwickelte.

Papst Urban II. holte den Widerstrebenden als Berater zu sich nach Rom. Bruno bat den Papst aber bald, ihn wieder in das Einsiedlerleben zu entlassen. Er lebte dann in Kalabrien. Einsiedler bleiben nie lange alleine. Irgendwie ziehen sie magisch andere Menschen an, die in ihrem Umkreis, in ihrer „Aura“ leben wollen. Als Brun0 1101 starb, lebten 30 Brüder in der schweigenden Gemeinschaft. 

 

 

Donnerstag, 7. Oktober 2021

Kennen Sie Henry Melchior Muhlenberg? Ich nicht. Er gilt, laut wikipedia, „als Begründer des deutschsprachigen lutherischen Gemeindewesens in den Kolonien und wird deshalb als „Patriarch der lutherischen Kirche in Nordamerika“ bezeichnet.“

Als Heinrich Melchior Mühlenberg wurde er 1711 in der ehemaligen Hansestadt Einbeck geboren. Mir ist Einbeck vor allem bekannt wegen seines Bockbiers. Ich ziehe allerdings Tee vor. Möglicherweise besteht in Einbeck aber auch eine alte Tradition des Teetrinkens?

Heinrich Melchior Mühlenberg studierte – wie es üblich war und ist – an verschiedenen Orten Theologie und fand wohl Kontakt zu den Franckeschen Stiftungen (siehe 8. Juni). Von dort aus wurde er 1742 als Pfarrer für drei Jahre zu deutschsprachigen Gemeinden in Pennsylvania (damals noch keine USA) entsandt. Es fehlte dort offenbar an Struktur und geistlicher Begleitung.

Nach einiger Zeit scheint es ihm gelungen zu sein, in den weit auseinanderliegenden Gemeinden eine Art Selbstverwaltung zu etablieren. Die finanziell unabhängige Gemeinde wird organisiert durch ein Gremium von Laien, das sich ihren Pfarrer selbst wählt. Dieser – von Bürokratie verschont - ist vorwiegend für die Gottesdienste und das spirituelle Leben zuständig. Unter der Leitung von (inzwischen) Henry Muhlenberg konnte ein gemeinsamer Verband gegründet werden.

Henry Muhlenberg scheint ein umtriebiger Geist gewesen zu sein. Er ließ Kirchen und Schulen bauen, inspirierte Kirchenordnungen und entwarf ein Gesangbuch. Aus der Verbindung mit Anna Maria Weiser entwickelte sich die „Muhlenberg-Dynastie“, aus der bis in die Gegenwart zahlreiche amerikanische Politiker hervorgingen. Respekt!

Henry Melchior Muhlenberg ist am 7.Oktober 1787 im Alter von 76 Jahren gestorben. Ich habe manchmal den Eindruck diese aktiven Menschen werden älter. Ich werde in Zukunft genauer darauf achten, aber ich meine an den Gedenktagen selten auf jünger Verstorbene getroffen zu sein.


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