26. November - 1. Dezember 2021

Freitag, 26. November 2021

Heute finden sich gleich zwei adlige Herren aus Konstanz im Heiligenkalender verzeichnet. Die beiden waren zudem verwandt. Konrad war der Onkel von Gebhardt. Beide wurden sie Bischöfe, beide bald nach ihrem Tod als Heilige verehrt. Beider Gebeine wurden von radikalen Anhängern der Reformation in den Rhein geworfen.

Konrad (900 bis 975) hatte gute Verbindungen zu König Otto dem Großen, er reiste mehrmals nach Rom und pilgerte gleich dreimal nach Jerusalem. Mehrere Kirchen in Konstanz ließ er nach dortigem Vorbild erbauen. In der sogenannten Mauritiusrotunde wurde sogar ein Nachbau des Heiligen Grabes errichtet. Otto der Große war ein großer „Fan“ des heiligen Mauritius (siehe 22.9.), unter dessen Patronat er in Magdeburg ein Kloster gründen ließ.

Über Gebhardt (949 bis 995) gibt es nicht allzu viel zu berichten. Er hat ein Kloster gegründet, sich um die Armenfürsorge und die Glaubenserziehung gekümmert und ein Wunder gewirkt.

Zumindest die Heiligsprechung Konrads wurde von einem seiner Amtsnachfolger betrieben, der eine Vita verfassen ließ und an den entsprechenden Stellen vorstellig wurde. In früheren Jahrhunderten gab es noch keine Instanz für eine offizielle Heiligsprechung. Heilige wurden praktisch durch die mehr oder weniger spontane Verehrung vor Ort zu Heiligen. Erst Papst Alexander I. machte das ganze Verfahren zur Chefsache: Ab 1170 musste, wer Heilige/r werden wollte, vom Papst dazu kanonisiert werden.

Der erste von einem Papst heiliggesprochene war ein Bischof, nämlich Ulrich von Augsburg, der die Wahl Konrads I. zum Bischof von Konstanz wesentlich beeinflusste. In dem Zusammenhang würde mich interessieren, ob seit  dieser Zeit die Heiligsprechung hoher kirchlicher Würdenträger signifikant zunimmt. Konnte man leichter heiliggesprochen werden, wenn man ein (hohes) kirchliches Amt innehatte? Wahrscheinlich wurde im Laufe der Zeit auch mehr Kleriker oder Mönche/Nonne heilig als einfach Laien ohne kirchliches Amt?

 


Samstag, 27. November 2021

Wurden eigentlich auch Musiker und Musikerinnen oder Komponisten und Komponistinnen heiliggesprochen? Die Heilige Cäcilia (siehe 22.11.) ist selbst keine Musikerin gewesen, auch wenn sie gerne mit der Orgel dargestellt wurde.

Ich komme auf diese Frage, weil die Musik doch von Anbeginn eine tragende Rolle in den Gottesdiensten und bei der Gottesverehrung gespielt hat und bis heute spielt. Das Gotteslob wurde schon immer gesungen. Einige Psalmen der Bibel sind mit Anweisungen über die Spiel- und Singweise versehen.

Vor einigen Woche probte das Dufay Ensemble Nürnberg in unseren Gemeinderäumen ihren jährlichen Auftritt, der dann in der Kirche St. Leonhard stattfand. Am heutigen Tag, allerdings im Jahr 1447, ist der Sänger, Komponist und Musiktheoretiker Guillaume Dufay oder Du Fay in Cambrai gestorben.

Seinen etwas verschlungenen Lebenslauf werde ich hier nicht wiedergeben. Er wurde zunächst als Diakon geweiht, später als Priester und war im Dienst verschiedener adliger Familien, vorwiegend in Italien. Eine Zeit war er Mitglied der cantores capelle pape in Rom.
Einen Aufschwung scheint sein Schaffen unter dem musikliebenden Papst Eugen IV. genommen zu haben. Aus dieser Zeit ist eine Reihe bedeutender Werke bekannt, darunter auch eines, das Guillaume Dufay zur Krönung des deutschen Kaisers Sigismund komponiert hatte. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Cambrai.

Das Schlusswort gebe ich wikipedia: „Er ist die herausragende Gestalt der frühen franko-flämischen Musik. Die von ihm ausgehenden Tendenzen einer für die musikalische Entwicklung Europas grundsätzlich verbindlichen Mehrstimmigkeit wurden von den nachfolgenden Generationen dieser Musik in der Zeit der „Niederländer“, beispielsweise von Johannes Ockeghem, Jacob Obrecht und Josquin Desprez weiter verfolgt und erreichten ihren vorläufigen Abschluss im Werk von Giovanni Pierluigi da Palestrina und Orlando di Lasso“

Guillaume Dufay wurde übrigens nicht heiliggesprochen. 

 

 

Sonntag, 28. November 2021

In den evangelischen Kirchengemeinden sind die beiden Makkabäerbücher kaum bekannt. Wurden sie und andere Schriften doch als Folge eines Urteils Martin Luthers als sogenannte Apokryphen zu einer Art biblischer Bücher zweiten Ranges degradiert, bis sie über Jahrhunderte völlig aus den meisten lutherischen Bibeln entfernt und erst in neuerer Zeit wieder aufgenommen wurden.

Das erste Buch schildert den Aufstieg der Familie der Hasmonäer, die einen siegreichen Aufstand gegen die Herrschaft der griechischen Seleukiden über Judäa geführt haben. Der durch einen aufgestellten Zeus-Altar entweihte Tempel konnte wieder in den Dienst des Gottes Israels gestellt werden. Zur Erinnerung an ein Wunder werden an diesem und den folgenden Tagen nach und nach acht Kerzen eines Leuchters angezündet. Aufgrund des jüdischen Mondkalenders verschiebt sich der Termin von Chanukka von Jahr zu Jahr.

Der Brauch, an den vier Adventssonntagen Kerzen an einem Kranz anzuzünden reicht erst bis ins 19.Jahrhundert zurück. Es war Johann Hinrich Wichern im Rauhen Haus in Hamburg, einem Rettungshaus für „sittlich verwahrloste“ Kinder und Jugendliche, der diesen Brauch ins Leben rief. Ursprünglich leuchteten vier große und 20 kleinere Kerzen von einem geschmückten Wagenrad, das an der Decke aufgehängt worden war. Am 1.Advent 1839 wurde die erste Kerze angezündet.

Dass die Adventszeit über Jahrhunderte als eine Buß- und Fastenzeit begangen wurde, ist auch einem treuen Kirchgänger kaum noch zu vermitteln. Durch Corona mögen manch einem diese Wochen wieder so verkommen. Die Weihnachtsmärkte und Adventsveranstaltungen werden vermisst. Oder eher die Geselligkeit und Fröhlichkeit bei ihren Besuchen? Dennoch werden diese Wochen, trotz Einbußen, die umsatzstärkste Jahreszeit bleiben.

In meiner Kindheit gab es die selbstgebackenen Plätzchen und Stollen nur an den Adventssonntagen und zur Weihnachtszeit. Unter der Woche konnte man allenfalls heimlich etwas aus der Dose holen. Eine kleine, unbewusste Referenz an die früheren Fastenbräuche. 

 

 

Montag, 29. November 2021

Erstaunt stoße ich bei wikipedia auf einen sehr interessanten Beitrag über das Jahr der Stille 2010, das laut den Initiatoren ein voller Erfolg gewesen sei. Für 2020 wäre eine Neuauflage geplant gewesen. 2020 ist dann aus anderen Gründen ein Jahr der Stille geworden. Tatsächlich ist, während des damaligen Lockdowns, vielen Menschen der wesentlich geringere Geräuschpegel wohltuend aufgefallen. Inzwischen dürften wir leider wieder bei der üblichen Lautstärke angekommen sein. Still, ohne Motorengeräusche, wird es kaum mehr.

Ich muss zugeben, dass das Jahr der Stille 2010 sang- und klanglos an mir vorübergegangen ist. Diese Aktion hätte in mir einen engagierten Unterstützer gefunden. Das Motto spricht mich an: Gottes Lebensrhythmus entdecken.

Was hier beschrieben wird, gefällt mir: „Die neue Initiative stieß in christlichen Gemeinden, Kirchen und Kirchenbezirken auf regen Anklang und wurde für Veranstaltungen, Impulstage, Seminare und zur Schulung und Ermutigung von Mitarbeitern aufgegriffen und genutzt. Christliche Gemeinden in Deutschland veränderten zudem aufgrund des Jahres der Stille 2010 bewusst die Abläufe ihrer Veranstaltungen und Gottesdienste. Sie nahmen „Stille“ als wichtigen Aspekt ihres Glaubens wahr, und griffen sie als Thema in ihren Gemeindepublikationen auf, um Menschen zu „Zeiten der Stille“ zu ermutigen, aus denen sie Kraft für ihren Alltag schöpfen können.“

Die Kritiker befürchteten, dass einige Methoden und Inhalte der Angebote den christlichen Glauben substantiell verändern könnten, weil sie z.B. im Buddhismus praktiziert würden.

Die Einübung der Haltung der Stille gehört in der Tat zu den grundlegenden Praktiken fast aller Religionen. Auch Jesus zog sich immer wieder in die Stille zum Beten, meist auf einen Berg, zurück. Gebet und Bibellesen sind für mich ohne eine Grundhaltung der Stille undenkbar. Die in den letzten Jahrzehnten wiederentdeckten Wüstenväter und -mütter suchten geradezu die Stille als „Medium“ der Gottesbegegnung. Wir könnten heute von ihnen einiges lernen.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Jahr_der_Stille_2010)
 


Dienstag, 30. November 2021
Wahrscheinlich habe ich in der Fahrschule zum ersten Mal vom Andreaskreuz gehört. Da gibt es – nach wikipedia- folgendes zu lernen:
Das Andreaskreuz wird als Verkehrszeichen oder als Symbol auf Verkehrszeichen verwendet und zwar:

  • als Warnkreuz beziehungsweise Vorschriftzeichen (Zeichen 201 der StVO) unmittelbar vor Bahnübergängen mit der Bedeutung: „Dem Schienenverkehr Vorrang gewähren“,
  • als Symbol auf dem Haltverbotszeichen (Zeichen 283 der StVO) mit der Bedeutung: „(absolutes) Haltverbot auf der Fahrbahn“ 
  • als Symbol auf dem Gefahrzeichen (Zeichen 102 der StVO) mit der Bedeutung: „Kreuzung oder Einmündung mit Vorfahrt von rechts“ 

Ich hatte mir damals keine Gedanken gemacht, warum das Andreaskreuz diesen merkwürdigen Namen trägt. Heute bin ich schlauer und weiß, dass der Apostel Andreas, Bruder des bekannteren Petrus, zur Zeit des Kaisers Nero an einem Kreuz in dieser Form hingerichtet worden sein soll. „Der Legende nach soll er Maximilla, die Frau des Statthalters Aegeas, geheilt, bekehrt und zur ehelichen Enthaltsamkeit angehalten haben, woraufhin Aegeas die Züchtigung mit Ruten und die Kreuzanbindung befohlen habe. Auf dem Weg zur Richtstätte habe Andreas den Kreuzeshymnus gebetet und noch zwei Tage vom Kreuz herab gepredigt.“
Andreas und Petrus stammten aus Betsaida (= Fischhausen) am See Genezareth. Sie wurden, zusammen mit dem anderen Brüderpaar Jakobus und Johannes, zuerst von Jesus berufen. Später soll Andreas in den Gebieten Kappadokien, Skythien, Thrakien, Makedonien und Achaia die frohe Botschaft verbreitet haben. Ebenso in Ostanatolien und Georgien. Nachweisen lässt sich das heute nicht mehr. In den orthodoxen Kirchen wird er so verehrt, wie in der katholischen Kirche Petrus.
 

Mittwoch, 1. Dezember 2021

Der Covid-Virus durchkreuzt sogar höchste kirchliche Verfahren. Am 3.Mai 2021 wurde von Papst Franziskus I. die bevorstehende Heiligsprechung von Charles de Foucauld bekanntgegeben, wegen der Pandemie aber auf den 15. Mai 2022 verschoben.

Leider reicht der Raum meines kleinen Tagebuchs nicht aus, um von dem interessanten, zumindest für den Leser spannenden, Leben des am 15.September 1858 in Straßburg geborenen Adligen zu berichten. Die kurze Beschreibung im aktuellen „Te Deum“-Heft untertreibt stark, wenn sie ihn als einen Lebemann bezeichnet. Vielleicht machen Sie sich selbst ein Bild mit weiteren Informationen aus dem Internet oder einer ausführlicheren Biographie. Ich gebe hier wieder, was ich heute bei „Te Deum“ gelesen habe: „Charles Vicomte de Foucauld (1858-1916) war zunächst Offizier und Lebemann. Bei einer gefährlichen Reise im bis dahin unerforschten Süden Marokkos begegnet er der Frömmigkeit von Muslimen. Von da an treibt ihn die Frage nach Gott um: „Gott, wenn es dich gibt, lass mich dich kennenlernen!“ Nach einer Beichte und seiner zweiten „Erstkommunion“ folgt er dem Ruf zur Vollkommenheit, wie er fünfzehn Jahre später bekennt: „Kaum hatte ich im Glauben erkannt, dass es einen Gott gibt, da konnte ich nicht mehr anders, als nur noch für ihn leben wollen.“ Nach einem Aufenthalt in Nazareth will er dem Herrn in der „Verborgenheit“ eines armen Lebens folgen, zuerst als Zisterzienser, dann als Trappist, schließlich als niedrigster Bruder bei Klarissen in Nazareth. Dann folgt er der Berufung zum Priester, um noch besser Jesus unter die Menschen tragen zu können. Seine eigentliche Berufung findet Bruder Karl als Einsiedler und Mönch-Missionar im der Südsahara, wo er schließlich ermordet wird, obwohl er der „universale Bruder“ sein wollte. Damit erfüllt sich ein Wunsch: „Am Abend vorseinem Leiden beim letzten Mahle hat Jesus gesagt, es gebe keine größere Liebe als die, für den sein Leben hinzugeben, den man liebt. Ich bin dieses Opfers nicht würdig, aber ich sehne mich danach.“ In seinem Geiste entstanden Gemeinschaften, die heute als „Geistliche Familie Charles de Foucauld“ verbunden sind.“

Das alles klingt nach einem ziemlich „normalen“ Heiligenleben. Das war es aber garantiert nicht. 

 

 

Donnerstag, 2. Dezember 2021


Im evangelischen Namenkalender wird heute Jan van Ruusbroec aufgeführt. Er wird vermutlich nur noch von Spezialisten gelesen. Der 1293 in Brüssel geborene Priester übte aber über eine gewisse Linie einen nicht unbeträchtlichen Einfluss auch auf evangelische Kreise aus.
Sein Schüler Geert Groote gilt als Initiator einer Bewegung, die „devotio moderna“ genannt wird, aus deren Kreis die Schwestern und Brüder vom gemeinsamen Leben hervorgingen. Zu diesem Umfeld zählt auch Thomas von Kempen, dessen Schrift von der „Nachfolge Jesu“ bis heute fleißig gelesen wird. Dietrich Bonhoeffer erwähnt die eingehende Lektüre in seinen Briefen aus dem Gefängnis.
Jan Ruusbroec wirkte aber auch auf den Dominikaner Johannes Tauler, der wie Ruusbroec selbst ein Schüler Meister Eckharts gewesen ist. Groote und Tauler wurden von dem jungen Martin Luther aufmerksam gelesen und studiert.
Jan Ruusbroecs Schriften wurden von Gottfried Arnold ins Deutsche übersetzt, einem „radikalen Pietisten“, wie er später bezeichnet wurde. Er war ein eifriger Vermittler mystischen Gedankenguts und spiritueller Praxis, die er von der lutherischen Orthodoxie zu Unrecht ausgegrenzt und abgewertet sah. Er verfasste auch das unkonventionelle Werk „Unparteiische Kirchen- und Ketzerhistorie“. Seine „Vier Bücher vom wahren Christentum“ werden auch heute noch aufgelegt und gelesen.
Über Jan Ruusbroecs Leben selbst gibt es nicht viel zu berichten. Schon als Vikar in Brüssel zieht er sich mit Freunden zum gemeinsamen Leben zurück. Daraus entsteht eine Gemeinschaft von Augustiner-Regularkanonikern, deren Prior er bis zu seinem Tod 1381 gewesen ist. Seine lateinischen Schriften richteten sich zunächst an Geistliche, wurden dann über „Vermittler“ auch in breiteren, spirituell ausgerichteten Kreisen wirksam.


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