25. - 31. Juni 2021

Freitag, 25. Juni 2021

Das apostolische Glaubensbekenntnis sprechen wir gemeinsam sonntags im Gottesdienst. Den kleinen Katechismus musste ich im Konfirmandenunterricht noch auswendig lernen, zumindest so auswendig, dass der Pfarrer – Pfarrerinnen gab es noch kaum – beim Abfragen einigermaßen zufrieden war. Dessen Erläuterungen führten bei mir zu keinem vertieften Verständnis.

Das augsburgische Bekenntnis lernte ich erst im Studium, im Fach Kirchengeschichte, kennen. In der mündlichen Dogmatik-Prüfung wurde ich darauf angesprochen. Ich hätte mich besser einmal vertiefter damit beschäftigt. Später habe ich das nachgeholt und auch Gottesdienste zum Gedenktag der „Augsburgischen Konfession“ gehalten!

Warum erzähle ich das? Was haben die drei „Stücke“ gemeinsam? Zunächst etwas ganz Einfaches. Sie finden sich in unserem evangelischen Gesangbuch ganz hinten (ab der Nr.903) unter dem strengen Titel: „Bekenntnisse und Lehrzeugnisse der Kirche“.

Vor allem die „Confessio Augustana“ gilt als das Kernstück, in ihr ist zu lesen, was den evangelischen Glauben ausmacht (oder ausgemacht hat). Philipp Melanchthon hat es für den Reichstag in Augsburg (daher der Name) 1530 verfasst. Es sollte ein gemeinsames Bekenntnis der sogenannten Protestanten werden, doch zeigten sich bei einigen Punkten deutliche Meinungsverschiedenheiten, die schließlich zu einer dauerhaften Trennung führten. Erst 1973 (siehe EG 908) kam es zu einer versöhnlichen Regelung mit den reformierten Kirchen!

Das Bekenntnis hatte u.a. zum Ziel die bestehenden Gemeinsamkeiten mit den Gegnern aufzuzeigen, ja es hegten zumindest einige Reformatoren die Hoffnung einer Einigung und Verständigung. Sie kam nicht zustande. Kaiser Karl V. wies den Ingolstädter Theologen Johannes Eck an, eine Widerlegung zu verfassen. Die dann wiederrum Melanchthon versuchte zu entkräften. Heute allerdings spielt die CA, wie sie abgekürzt wird, eine wichtige Rolle im ökumenischen Gespräch. Endlich kann sie der angestrebten Verständigung dienen.
 


Samstag, 26. Juni 2021

Am Samstag kommt das Sams. Nein, mit dem Sams, dem wunderbaren Wesen mit den Wunschpunkten im Gesicht, hat der Samstag leider nichts zu tun.

Obwohl Paul Maar den ersten Band seiner „Samstage“ schon 1973 veröffentlicht hatte, lernte ich das Sams erst so richtig kennen, als unsere Kinder in dem Alter waren, als sie sich gerne Bücher vorlesen ließen. Das war für mich eine bereichernde Erfahrung.

Ich lernte viele erstaunlich gute Geschichten kennen, ein Schatz aus dem ich immer noch schöpfe. Ich lernte aufmerksames und wiederholtes Lesen. Ich war überrascht, dass man auch nach der siebten und achten und neunten Lektüre neue Aspekte entdecken kann. Natürlich stellen einem Kinder viele knifflige Fragen, die einen selbst zum Nachdenken bringen und auf die es oft keine einfachen Antworten gibt. Das Vorlesen führt zu angeregten Gesprächen, die wenn ich selbst ein Buch lese, nie führen würde.

Das gemeinsame Lesen eines Buches war – ich habe schon länger kein Buch mehr vorgelesen – ein unvergleichliches Erlebnis. Ja, und Vorlesen will gelernt sein. Es ist gar nicht so einfach so vorzulesen, dass die „Kleinen“ zufrieden gestellt werden. Sie stellen hohe Ansprüche. „Mal schnell was vorlesen“, das gilt nicht. Das ganze Drumherum muss stimmen. Auf dem Sofa oder im Bett mit Kissen, Decke und Kuscheltier, vielleicht noch ein passendes Getränk oder sogar mal etwas zum Knabbern, wenn die Geschichte sehr aufregend werden sollte.

Ja, warum braucht man eigentlich Kinder, um aus einem Buch vorzulesen? Das müsste doch auch „mit anderen Menschen klappen“? Es wird Zeit, dass das Sams wieder kommt, dann wünsche ich mir, dass mir jemand vorliest oder sich vorlesen lässt. Warum nicht gleich heute am Samstagabend.


Sonntag, 27. Juni 2021

Heute feiere ich einfach den Sonntag mit einem Gottesdienst zum Gedenken an Johannes den Täufer auf einem kleinen ländlichen Friedhof „mitten“ in der großen Stadt. Dazu spielt der Posaunenchor des CVJM. Im Freien dürfen wir – unter Beachtung der geltenden Regeln – auch ohne Maske singen! Wir stehen und sitzen unter alten Bäumen im Schatten. Die Sonne scheint. Eine zeitlose Zeit.

Natürlich gäbe es auch heute wieder einiges zu entdecken, z.B. welche Legenden über die Sieben Schläfer erzählt werden. Oder dass der Siebenschläfertag wegen der gregorianischen Kalenderreform eigentlich der 7.Juli sein müsste. Dann würde auch die dazugehörende Bauernregel ihre Voraussagen weitgehend wahr werden lassen.

Dann wäre es interessant zu erfahren wer Kyrill von Alexandrien gewesen ist. Und warum er als Kirchenlehrer bezeichnet wird. Interessant wäre vielleicht gerade für die Fans des „christlichen Abendlands“ zu entdecken, dass es in anderen Regionen noch viel ältere christliche Traditionen existierten und existieren, auf deren Schultern wir – im Westen - stehen. Das alexandrinische Christentum war nur eines von vielen und lebt heute u.a.in der koptischen Kirche fort.

Dann gäbe es noch Hemma von Gurk, die ich nicht kenne, oder – eine ganz besondere Gestalt – der evangelische Pfarrer Johann Valentin Andreä, der eine chrisliche Utopie („Christianopolis“) entworfen hatte - und viele, viele andere.

Darüber können wir uns dann im nächsten und übernächsten und überübernächsten Jahr schlau machen. Deswegen will ich es heute dabei belassen und einfach einen ruhigen Tag genießen und das Nichtstun üben.


Montag, 28. Juni 2021

Viele der Männer, in diesem Fall wirklich ausschließlich Männer, denen wir im Laufe eines Kirchenjahres begegnen, gelten als Kirchenväter.

Es gibt Wüstenmütter (wieder neu entdeckt) und seit dem 20.Jahrhundert auch von der röm.-kath. Kirche offiziell anerkannte Kirchenlehrerinnen. Den Begriff Kirchenmütter analog dem der Kirchenväter gibt es meines Wissens nicht. Der Konvent evangelischer Theologinnen nennt allerdings einige bedeutende Theologinnen ab dem 20.Jahrhundert (https://ket.wir-e.de/kirchenmuetter) und bezeichnet sie als Kirchenmütter. Wahrscheinlich lassen sich bei intensiverer Suche noch weitere Spuren zu „Kirchenmüttern“ finden.

Zurück zu den Kirchenvätern. Wer dazu gezählt wird und warum, dazu existieren in den orthodoxen und der katholischen Kirche unterschiedliche Kriterien. Ihre Zeit beginnt im zweiten und endet im achten Jahrhundert. Ein Großteil der gelehrten Theologen (die oft auch ein Bischofsamt innehatten), lebte und lehrte in Nordafrika, Ägypten, Palästina, Syrien, in der Türkei und Griechenland und schließlich auch „im Westen“ in Rom, oder wie der heutige Heilige Irenäus in Lyon.

Geboren aber wurde er in Smyrna, dem heutigen Izmir. Es war griechischer Abstammung und lebte in Lyon offensichtlich zunächst in einem Stadtviertel kleinasiatischer Händler. Die Gesellschaft damals war schon mobiler und multikultureller, als wir uns das heute vorzustellen wagen.

Durch seine fünf Bücher mit dem nicht ganz so sympathischen Titel „Gegen die Irrlehrer“ erfahren wir einiges über die ungeheure Vielfalt christlichen Lebens und christlicher Lehre. Irenäus war natürlich gelegen das „wahre“ christliche Bekenntnis herauszuarbeiten. Tatsächlich gab es offensichtlich eine Fülle recht obskurer Gemeinschaften. Daraus entstand dann das Bedürfnis nach Klärung, dem Irenäus durch akribisch geführte Argumentation und genaue Beweisführung so ausgiebig Rechnung trug, dass er heute „Vater der Dogmatik“ genannt wird.


Dienstag, 29. Juni 2021

Heute finden wir zwei starke „Konkurrenten" am Start: Peter und Paul versus Judith!

Peter und Paul, ein Hochfest der katholischen Kirche, aber auch ein Feiertag mit eigenen Gottesdienstformular in der evang.-luth. Kirche. Der Gottesdienst hier wird entweder am vorhergehenden oder nachfolgenden Sonntag gefeiert. Mitunter muss dann entschieden werden, welches Gedenken den Vorrang hat: Johannes, die Augsburger Konfession, der Besuch Mariens bei Elisabeth oder eben Peter und Paul?

Nimmt man die Literatur zur Predigtvorbereitung zur Hand, dann werden diese Anlässe in der Regel nur dann berücksichtigt, wenn sie direkt auf den entsprechenden Sonntag fallen. Ansonsten entfallen sie ersatzlos. Die Gemeinde kennt diese Feiertage kaum noch, außer ihre Kirche wäre z.B. nach Peter und Paul benannt. Über das spannungsvolle Verhältnis von Petrus und Paulus gäbe es manches zu sagen. Aber da es für die beiden jeweils einen eigenen Gedenktag gibt, ziehe ich heute die unbekanntere Judith vor.

Der Künstlername der Sängerin Judith Holofernes der Band „Wir sind Helden“ nimmt auf die beiden feindlichen Protagonisten des biblischen Buches Judith Bezug. Holofernes, der Oberbefehlshaber des Königs Nebukadnezar belagert die Bergfestung Betulia, deren Verteidiger ihm den Weg zur Eroberung Israels versperren. Die schöne Witwe Judith kritisiert das mangelnde Gottvertrauen der Stadtoberhäupter, die im Laufe der harten Belagerung immer weniger auf eine Rettung – durch Gott - zu hoffen wagen.

Bestärkt durch intensives Gebet wagt Judith sich ins feindliche Heerlager, wo sie durch ihre Schönheit Aufsehen erregt und zu Holofernes vorgelassen wird. Am Ende eines Festes zu ihren Ehren schlägt sie dem betrunkenen Heerführer den Kopf ab und bringt ihn heimlich aus dem Heerlager. Ohne ihren Anführer können die assyrischen Soldaten dem Ausfall der Belagerten nicht widerstehen und fliehen Hals über Kopf. Diese -historisch unwahre - Geschichte findet sich nur in den evangelischen Bibeln mit den sogenannten Apokryphen. Dazu ein andermal. Sie gehört aber zum katholischen Kanon.
Mittwoch, 30.Juni 2021

Als Christen leben wir in Deutschland recht bequem. Anfeindungen – trotz der anhaltende Missbrauchsskandale - halten sich in Grenzen, d.h. sind keine tägliche Realität. Ich persönlich kann nicht davon berichten. Der gesellschaftliche Einfluss sinkt, etwaige Privilegien werden schon seit längerem bestritten. Um Leib und Leben muss man sich wegen seines christlichen Bekenntnisses keine Sorgen machen.

Als Besorgnis erregend empfinde ich eher die Gleichgültigkeit und das Desinteresse gegenüber der biblischen Botschaft in den eigenen Gemeinden.

Der heutige Gedenktag erinnert uns an die erste große und brutale Christenverfolgung in Rom im Jahr 64, nach dem verheerenden Brand in einigen Stadtteilen, den Kaiser Nero veranlasst haben sollte. Um von diesem Verdacht abzulenken, beschuldigte er „die“ Christen der Brandstiftung.

So schreibt der römische Historiker Tacitus: „Man verhaftete zuerst Leute, die bekannten, dann auf ihre Anzeige hin eine riesige Menge. Sie wurden nicht gerade der Brandstiftung, wohl aber des allgemeinen Menschenhasses überführt. Die Todgeweihten benutzte man zum Schauspiel. Man steckte sie in Tierfelle und ließ sie von Hunden zerfleischen, man schlug sie ans Kreuz oder zündete sie an und ließ sie nach Einbruch der Dunkelheit als Fackeln brennen. So regte sich das Mitleid – obwohl sie schuldig waren und die härtesten Strafen verdienten –, weil sie nicht dem Allgemeinwohl, sondern der Grausamkeit eines Einzelnen zum Opfer fielen.“

Auch Paulus und Petrus sollen, so der (nachbiblische) erste Clemensbrief (90-100 n. Chr.) in diesem Zusammenhang den Märtyrertod gefunden haben. Dafür gibt es aber keinen Nachweis.

Irritierend finde ich, dass Tacitus als Anklage Menschenhass anführt! Wie haben die Menschen darauf reagiert, die ausdrücklich dem Gebot der Nächstenliebe folgen wollten? Und die wiederum für diese liebevolle Lebensweise gehasst wurden! Was für eine verkehrte Welt!

 

Donnerstag, 31.Juni 2021

Das Kirchenjahr öffnet auch einen tiefen Abgrund, den Blick auf menschliche Tragödien und unvorstellbare Grausamkeiten, sowie auf unversöhnliche Auseinandersetzungen. Sich einigen wollen und Kompromisse schließen können, gehört offenbar nicht zum Verhaltensrepertoire der meinungsstarken Vertreter des Glaubens.

Dass sich unterschiedliche christliche Gruppierungen die Rechtgläubigkeit absprachen, dass kann man schon in den Briefen des Apostels Paulus nachlesen. Er selbst nahm da kein Blatt vor dem Mund. Irenäus von Lyon (siehe 28.06) systematisierte die Gründe der Abgrenzung und Trennung von Gemeinschaften mit „Irrlehren“.

Im Zeitalter Konstantins des Großen wurden Christen, die von der – allerdings wechselnden – mehrheitlichen christlichen Meinung abwichen, verbannt. Es kam dann zu Verfolgungen von Christen durch „andere“ Christen, zu Folter, Hinrichtungen und später schließlich zu den fürchterlichen öffentlichen Verbrennungen.

Da kommt mir die etwas einfältige Frage in den Sinn: Was würde Jesus dazu sagen? Ich kann mir nicht – unter keinen Umständen - vorstellen, dass Jesus aktiv zur Verfolgung und Tötung von Christen mit einem etwas anderen Bekenntnis aufrufen würde.

Heute gedenken wir an zwei Mönche eines holländischen Augustinerklosters, - von denen ich bisher noch nie etwas gehört hatte -die als erste Märtyrer der Reformation in die Kirchengeschichte eingingen. Viele Informationen konnte ich nicht ausfindig machen.

Die Priester Hinrich Vos und Jan van Esch gehörten einem „aufsässigen“ Konvent an, dessen Klostergebäude deswegen niedergerissen wurde. Sie wurden von mehreren Professoren verhört, blieben aber standhaft bei ihrer Überzeugung, dass Gottes Wort mehr gelte, das das des Papstes. Sie wurden zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt, öffentlich degradiert und am 1.Juli 1523 in Brüssel verbrannt.

Das älteste erhaltene Lied Martin Luthers singt von diesem Ereignis.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_neues_Lied_wir_heben_an


Kommentare: 0