28. Januar - 3. Februar 2022

Freitag, 28. Januar 2022

Etwas verwundert stoße ich im Evangelischen Namenkalender auf Karl den Großen, der an diesem Tag im Jahr 814 in Aachen gestorben ist. Tatsächlich wurde er auf Betreiben Friedrich Barbarossas bereits 1165 heiliggesprochen. Wie mir scheint eine etwas windige Sache. Zu dieser Zeit amtierten zwei Päpste, so dass der eine dem anderen widersprach. Karl der Große darf, so anscheinend die gefundene Kompromissformel, seit 1176 wenigstens als Seliger verehrt werden. Er ist im Martyrologium Romanum nicht verzeichnet.

Ein anderer Heiliger verdient diese Ehre, Würde, Auszeichnung vielleicht schon eher. Sein äußerst umfangreiches theologisches Werk zählt zu den wirkungsvollsten in der Kirchen- und Theologiegeschichte. Mein Namensvetter Thomas von Aquin (1225-1274). Ich erstarre heute noch, wenn ich seinem Namen begegne und denke an mein Theologiestudium mit den mühsamen Versuchen, mich durch einige seiner Schriften zu arbeiten bzw. sie zu verstehen. Vielleicht finde ich einmal eine Gelegenheit, diesen fallengelassenen Faden wieder aufzunehmen und es noch einmal mit ihm zu versuchen?

Spannend liest sich seine Jugendgeschichte. Thomas wurde von seinen adligen Eltern, er war der jüngste Sohn, schon mit fünf Jahren in das berühmte Benediktinerkloster auf dem Monte Cassino gegeben. Er sollte einmal der Nachfolger seines Onkels werden, der dort als Abt wirkte. Der 19jährige trat jedoch in den noch jungen Orden der Dominikaner ein. Seine Eltern ließen ihn entführen und gefangen halten. Thomas jedoch blieb unbeugsam. Nach mehr als einem Jahr in „Schutzhaft“ ließ ihn die Familie seine eigenen Wege gehen.

Nach einem Studium und einer Assistenzzeit bei dem berühmtesten Theologen seiner Zeit, Albertus Magnus, wurde er selbst Magister der Theologie und entwickelte in einer doch recht kurzen Lebenszeit seine bis ins zwanzigste Jahrhundert bestimmende Theologie, die in dem Werk mit dem bescheidenen Titel „Summa Theologiae“ gipfelte. Nur noch einer sollte es wagen, so eine allumfassende Lehre von Gott zu entwickeln: Der reformierte Theologe Karl Barth.

Heute vor 20 Jahren ist Astrid Lindgren gestorben.


Samstag, 29. Januar 2022

Die Frage, die gestern unausgesprochen blieb, stellt sich heute von neuem. Wer wird von wem aus welchen Gründen in die Liste der zu Gedenkenden aufgenommen oder selig oder heiliggesprochen? Das Verfahren der Römisch-Katholischen Kirche ist -zumindest auf den ersten Blick – klar geregelt.

Die Aufnahme gedenkenswerter Personen in den Evangelischen Namenkalender scheint die Liturgische Konferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland zu regeln. Die ursprüngliche Konzeption geht auf eine Initiative der evangelischen Michaelsbruderschaft zurück, die 1969 vom Rat der EKD offiziell freigegeben und 1976 dem römisch-katholischen Kalendarium für das deutsche Sprachgebiet angeglichen wurde, d.h. es wurden jetzt auch einige „Heilige“ übernommen. Das jährlich herausgegebene Heft „Das Kirchenjahr“ der Liturgischen Konferenz bietet keine Angaben zu den Kriterien der Aufnahme in diese Liste.

Der ehemalige Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Württemberg Theophil Heinrich Wurm (1868-1953) wird heute aufgeführt. Wer sich über ihn erkundigen will, ruft in der Regel zunächst wikipedia auf. Dort erfährt der interessierte Leser im Vorspann einer ausführlicheren Darstellung folgendes: „Theophils Wurms kirchliches und politisches Handeln war geprägt von einer bürgerlichen-konservativen wie auch unabhängig-bekenntnisorientierten Haltung. Daraus erwuchsen sein ambivalentes Handeln und seine Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er wesentlich am Aufbau einer geeinigten Evangelischen Kirche in der Bundesrepublik beteiligt, setzte sich für die Verständigung mit anderen Kirchen ein und förderte einen bis dahin unbekannten fortwährenden gesellschaftlich-kirchlichen Diskurs. Gleichzeitig widerrief Wurm eigene völkische Ansichten nur bedingt und wandte sich gegen eine klare Entnazifizierung von Kirche und Gesellschaft.“

Anders fasst der Brockhaus (24 Bände) von 2001 zusammen: „Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten war W. einer der maßgebl. Wortführer der ev. Kirche im Kirchenkampf und formulierte die Proteste weiter Kreise der ev. Kirche gegen die Eingriffe des natsoz. Regimes in kirchlichen Angelegenheiten. 1941 gründete er das Kirchl. Einigungswerk und schuf damit die Grundlage für die kirchl. Neuordnung von 1945, die er als Vors. des Rates der EKD (1945-49) entscheidenden mitgestaltet hat.“

Diese Initiativen würdigt auch der wikipedia-Artikel mit Respekt. Dennoch bleibt das schale Gefühl, dass der Brockhaus (ja, dort gab es nur begrenzten Platz) dem Auskunftsuchenden wichtige Informationen vorenthält. Das Internet bietet inzwischen in der Tat bessere Recherchemöglichkeiten.

Der Lebenslauf von Theophil Wurm regt mich zum Nachdenken über Menschenmögliches und Menschenunmögliches in schwierigen Zeiten an. Ich bin dankbar, dass die Schattenseiten nicht ausgespart werden, die sein Leben verständlicher werden lassen. Ich vermute, dass eine Einschätzung, wie die des Brockhaus, die Aufnahme von Theophil Wurm in den Namenkalender angeregt hat. Denn nicht alle evangelischen Bischöfe oder Superintendenten finden sich auf dieser Liste.

 


Sonntag, 30. Januar 2022

Mit dem letzten Sonntag nach Epiphanias (am 6.Januar) endet der Weihnachtsfestkreis der evangelischen Kirchen. Das Evangelium von der Verklärung Jesu auf einem „hohen Berg“ (Matthäus 17,1-9) steht im Mittelpunkt und damit noch einmal die Lichtmetaphorik dieser Kirchenjahreszeit. Jetzt wird auch in den letzten Kirchen der Weihnachtsbaum entfernt und die Krippe abgebaut, sofern das nicht schon längst geschehen ist, weil vielerorts der Gottesdienst in dieser Jahreszeit in den besser heizbaren Gemeindehäusern stattfindet.

Der letzte Januarsonntag ist seit 1976 auch der Termin für die ökumenische Feier des Bibelsonntags, der aber, soweit ich das überblicke, nur in wenigen Gemeinden wahrgenommen wird. Dazu kann auch eine ökumenische Bibelwoche veranstaltet werden. Der AcK (Arbeitskreis christlicher Kirchen) erarbeitet umfangreiches Material zu einem biblischen Buch, das in dieser Woche oder verteilt über mehrere Wochen als eine Art Bibelkurs von den Gemeinden angeboten werden kann. In diesem Jahr steht das Buch des Propheten Daniel im Mittelpunkt. (https://www.oekumene-ack.de/themen/geistliche-oekumene/bibel/oekumenische-bibelwoche/)

Das Interesse an einer gemeinsamen Lektüre der Bibel ist allerdings stark gesunken. Die Einladungen zu Hausbibelkreisen und regelmäßigen Treffen in den Gemeinderäumen werden kaum noch wahrgenommen, so dass sie in vielen Kirchengemeinden gar nicht mehr angeboten werden. Der evangelische Bibelleser, der täglich seine Bibel aufschlägt, dem Gelesenen mit Ernst nachsinnt und zum Gebet werden lässt, ist zum Mythos geworden. Eine aussterbende Spezies, wie es scheint.

Und wer ist der AcK? Dazu wikipedia: „Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland e. V. (ACK) ist ein 1948 im Zusammenhang mit der Gründung und ersten Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen und zunächst aus diesem angehörenden Kirchen gebildeter[1] Zusammenschluss christlicher Kirchen in Deutschland zum Zweck der Förderung ökumenischer Zusammenarbeit und der Einheit der Kirchen.


Montag, 31. Januar 2022

Als ich die Daten auf der Wikipedia-Liste für den 31. Januar (https://de.wikpedia.org/wiki/31._Januar) überfliege, bleibe ich beim Stichwort „Natur und Umwelt“ hängen und lese dort:

 

2002: Von der Antarktis löst sich der Larsen-B-Eisschelf, eine 3250 km² große Eisplatte, die zuvor seit mehr als 10.000 Jahren stabil geblieben ist.

2008: Der Blue Bay Marine Park in Mauritius wird als „Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung“ gemäß der Ramsar-Konvention ausgewiesen.

Ich überlege, ob das die Gedenktage der nahen Zukunft sein werden. Ein neuer Kalender, der uns erinnert, wann dies oder jenes „Stückchen“ der Natur (unwiederbringlich?) verloren gegangen ist? Ob die „ausgewiesenen Feuchtgebiete“ all das von uns Menschen eingeebnete oder ausgebeutete ausgleichen können, erscheint mir zweifelhaft. Sie kommen mir eher vor wie ein natürliches Museum, in dem aufbewahrt wird, was längst schon verloren gegangen ist.

Vor ein paar Tagen sind wir Franz von Sales schon einmal begegnet. Johannes Bosco (1815-1888), auch dieser Name ist schon gefallen, ein Sohn armer Bauern „war fasziniert von der Spiritualität des hl. Franz von Sales, … Johannes nahm sich der in der Zeit der beginnenden Industrialisierung verwahrlosten Jugend in Turin an und bot den Jugendlichen ein offenes Haus, in dem sie spielen, lernen, sich bilden und auch beten konnten.“ Neben der Kirche „Zu den Schutzengeln“ in Nürnberg besteht ein Jugendheim für Lehrlinge und Auszubildende in dieser Tradition. Dort wird heute besonders an den Gründer aus dem 19.Jahrhundert gedacht.

Merkwürdig, dass solchen unbedingt notwendigen und längst überfälligen Initiativen anfänglich immer vehementer Widerstand entgegengebracht wird. Leider hat die Strahlkraft solcher Leute wie Don Bosco, die sich vor allem Menschen an oder unter der Armutsgrenze zuwandten, stark nachgelassen. Den staatlichen Hilfsmaßnahmen, so verdienstvoll sie auch sein mögen, fehlt oft das „gewisse Etwas“ an Spiritualität, an einer Ausrichtung über das Materielle hinaus.  

 

 

Dienstag, 1. Februar 2022

Wann wurde mir bewusst, dass andere Kulturen und Gesellschaften in anderen jahreszeitlichen und religiösen Rhythmen leben als „wir“?
Wir, die christlich geprägte, sogenannte westliche Welt, die es geschafft hat, die Mehrheit der Weltbevölkerung auf „unseren“ Terminkalender und „unsere“ Agenda, das kapitalistische Wirtschaftssystem, einzunorden!

Erst als jungem Erwachsenen, der begann sich mit religiösen Fragen zu beschäftigen, wurde mir klar, dass das Neujahrsfest der Juden und das der Muslime jeweils zu anderen, wechselnden Zeiten stattfanden, und nicht am 1. Januar.

Heute feiern „wir“, na ja zumindest die Chinesen, ihren Neujahrstag. Mit dem 1. Februar 2022 beginnt das Jahr des Wasser-Tigers, welches das Jahr des Metall-Büffels ablöst, das am 12. Februar 2021 begonnen hat. Die Zeit dieses Kalenders wird anders berechnet als die des unsrigen. Der Neujahrstag wird mit einem Feuerwerk begangen, ein Brauch, den „wir“ vermutlich von den Chinesen übernommen haben, die ja schließlich das Pulver dazu erfunden haben sollen. Insgesamt muss ich feststellen, dass ich über die chinesische Kultur, die Religionen und die Geschichte sehr, sehr wenig weiß. Zu wenig.

Für beinahe jeden gesellschaftlichen Anlass scheint es Gedenktage, besondere Feiern und Feste zu geben. Natürlich auch für den literarischen. Auf dem Buchmarkt finden sich mehrere literarische Kalender, die für jeden Tag des Jahres einen Geburts- oder Todestag eines mehr oder weniger berühmten Schriftstellers oder Schriftstellerin zu benennen wissen. Heute im Jahr 2012 ist, beispielsweise, die polnische Dichterin Wisława Szymborska im Alter von 89 Jahren verstorben. 1996 hatte sie den Nobelpreis für Literatur erhalten.

Die Musikfans werden – ja nach Musikgeschmack - wieder andere „Heilige“ auf ihr Podest heben. Die Fußballfans ebenso, die aber nach Vereinen getrennt. Denn dass sich Clubfans Bayern-Stars aus vergangenen Zeiten in ihrem Kalender eintragen, wage ich zu bezweifeln.

 


Mittwoch, 2. Februar 2022

Heute übernehme ich die Zusammenfassung aus dem „Te Deum“-Heft: „Der biblische Hintergrund der >Darstellung des Herrn< reicht bis in die Zeit des Auszugs des Volkes Israel aus Ägypten zurück. In Erinnerung an den Exodus war der Erstgeborene Eigentum Gottes und wurde darum ihm im Tempel übergeben - >dargestellt< - und durch ein Geldopfer wieder ausgelöst. Mit diesem Ritus verband sich ein zweiter: Die Frau, die nach der Geburt eines Kindes als >unrein< galt, übergab dem Priester ein Schaf oder Tauben als Reinigungsopfer. Der Evangelist Lukas schildert ausführlich, wie bei der Darstellung Jesu im Tempel der greise Simeon und die Prophetin Hanna in dem Kind den erwarteten Messias erkennen und sein Schicksal prophezeien. In ihnen begegnet das alttestamentliche Gottesvolk seinem Erlöser. Darum heißt dieses Fest in der Ostkirche >Hypapante<, d.h. >Begegnung<. In diesem Sinn ist dieses Fest 40 Tage nach Weihnachten das letzte in der Reihe, die die Menschenwerdung des Sohnes Gottes feiern. Der Lobgesang des Simeon – „Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden< - ist Teil des Nachtgebets der Kirche. Die bis in die 1960er Jahre gebrauchte Bezeichnung >Mariä Lichtmess< geht auf die Lichterprozession in Rom im 5.Jahrhundert zurück, die eine heidnische Sühneprozession verdrängen sollte. Sie erinnert an das Wort des Simeon, der das Kind >ein Licht, das die Heiden erleuchtet und Herrlichkeit für sein Volk Israel< genannt hat. Im Zusammenhang damit wurden später auch Kerzen geweiht – ein Brauch, der sich bis heute erhalten hat.“

Erinnert wird an: Burkhard von Würzburg (754), Bodo (880), Dietrich (880), Markward (880) und nicht zu vergessen Alfred Delp, der als Mitglied des „Kreisauer Kreises“ im Januar 1945 zum Tode verurteilt und am 2. Februar 1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde.

Der evangelische Namenkalender macht zudem auf die Gründung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahr 962 aufmerksam. Ich würde zu gerne wissen warum.

1997 initiierte die UNO den Welttag der Feuchtgebiete.

 


Donnerstag, 3. Februar 2022

Der, zumindest dem Namen nach, bekannteste Heilige des Tages dürfte St.Blasius sein. Vom Blasius-Segen, der an diesem Tag mit zwei Kerzen gespendet wird, werden die meisten schon einmal gehört haben. Die Segensworte sollen vor Halsleiden schützen. Aber wer war dieser Blasius, nach dem dieser Brauch aus dem 16. Jahrhundert benannt wurde?

Blasius soll im 3. Jahrhundert in Sebaste (heute Sivas in Zentralanatolien in der Türkei), einer Stadt mit einer uralten Geschichte, geboren worden sein. Er soll Arzt gewesen sein. Zahlreiche Legenden berichten über seine Wunderheilungen.

„Nach der Legende soll Blasius sich wegen der Christenverfolgung in einer Höhle versteckt haben, wo er von wilden Löwen, Tigern und Bären bewacht wurde. Vögel trugen ihm Nahrung zu, er segnete wilde Tiere und heilte ihre Verletzungen. Die Jäger fanden kein Wild mehr, da sich alle Tiere zu Blasius geflüchtet hatten. Aus dieser Einsiedelei heraus habe er sein Bistum geleitet.“ (Heiligenlexikon)

Doch Blasius wurde entdeckt und vor den Statthalter gebracht, verhört und gefoltert. Trotz der grausamen Misshandlungen blieb der standhaft und wirkte weiterhin Wunder. Am bekanntesten wurde die Heilung eines Jungen, der an einer verschluckten Fischgräte beinahe erstickt wäre. Schließlich sollte Blasius in einem Teich ertränkt werden, aber durch das Kreuzzeichen, das er schlug, wurde das Wasser fest und trug ihn. Seine Peiniger aber ertranken. Aber dann wurde er zusammen mit zwei Gefährten enthauptet, nicht ohne noch vorher darum zu bitten, dass alle, die irgendwelchen Beschwerden am Hals litten, geheilt werden könnten, wenn sie seinen Namen anriefen. Diese Bitte wurde im gewährt.

Während der erwähnten Christenverfolgung zur Zeit des Kaisers Licinius mussten noch weitere Christen aus Sebaste ihr Leben lassen, sie sind bekannt unter dem Namen „Vierzig Märtyrer von Sebaste“.


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