11. - 17. Februar 2022

Freitag, 11.2.2022

Eines meiner Lieblingskirchenlieder stammt von Benjamin Schmolck (1672-1737): „Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein; ach, wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein“. Nicht immer, aber meistens ist das meine Empfindung, wenn ich in eine Kirche gehe, vor allem wenn sonntags ein Gottesdienst stattfindet.

Es ist immer noch ein bekanntes und beliebtes Lied, zu dem „früher“ die Konfirmand*innen zur Konfirmation in die Kirche einzogen. Vorbei an mit Bäumchen geschmückten Wegen und auf ausgestreutem Buchs. Natürlich darf dieses Lied nicht an den Jubelkonfirmationen fehlen, wenn nach 25, 50, 60, 70 und manchmal auch nach 75 Jahren die Jubilar*innen wieder zusammen in „ihre“ Kirche einziehen.

Insgesamt fünf von sage und schreibe 1183 Liedern, die der fleißige Pastor Schmolck gedichtet hat, finden sich im Evangelischen Gesangbuch. So zählt „Schmückt das Fest mit Maien“ ebenfalls zu den häufiger angestimmten Melodien.

Ab 1714 war Benjamin Schmolck Hauptpastor in Schweidnitz, einem der drei verbliebenen protestantischen Gotteshäuser in Schlesien nach dem Westfälischen Frieden. Dort versuchte er mit seiner Gemeinde der heftigen Gegenreformation standzuhalten.

Aus dem Ökumenischen Heiligenlexikon: „1908 feierte die römisch-katholische Kirche das 50-jährige Jubiläum der ersten Erscheinung Mariens in Lourdes im Jahr 1858; Papst Pius X. erkor diesen Tag zum neuen Fest der Erscheinung der unbefleckten Jungfrau Maria. Grundlage waren die Visionen der Bernadette Soubirous und die feierliche Verkündigung der neuen katholischen Lehre von der unbefleckten Empfängnis Mariens im Jahr 1854. Zum Gedenktag unserer Lieben Frau von Lourdes umbenannt wurde der Tag in der liturgischen Neuordnung nach dem 2. Vatikanischen Konzil.“

Heute ist zudem der Europäische Tag des Notrufs 112. Ich finde interessant, was darüber bei wikipedia zu lesen ist. Aber ich frage mich: Wer begeht tatsächlich dieses Gedenken?

 


Samstag, 12.2.2022

Mit Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher begegnen wir einem wahren Klassiker, dem herausragenden evangelischen Theologen des 19.Jahrhunderts. Er stammte aus einem reformierten Pfarrhaus, wurde aber im Geist der herrnhutischen Brüdergemeine (von der die berühmten Losungen stammen) erzogen. Gegen den Willen seines Vaters studierte er evangelische Theologie. Nach einer Stelle als Hauslehrer wurde er Prediger an der Charité in Berlin. Hier knüpfte er vielfältige Kontakte zu literarischen und philosophischen Kreisen.

Bevor Friedrich Schleiermacher als Professor für Theologie und Philosophie reüssierte, erregte seine Übersetzung der Werke Platons, die bis heute aufgelegt wird, großes Aufsehen. Ab 1810 wirkte er als Gründungsdekan der Theologischen Fakultät an der Berliner Universität. Sein Predigerstelle behielt er aber bei. Friedrich Schleiermacher war ein beliebter Prediger, dessen Darlegungen im Gottesdienst tatsächlich Tagesgespräch gewesen sind und auch in den Zeitungen „rezensiert“ wurden.

Mehrere seiner Schriften gehören heute noch zur Standardlektüre des Theologiestudiums. Ein Klassiker, der sich über den Kreis der Fachleute an die „gebildete Allgemeinheit“ richtet und bis heute vom Reclam-Verlag als kleines gelbes Heftchen herausgegeben wird: „Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern.“ Der Titel müsste eigentlich heute noch ziehen! Vielleicht sollte sich mal jemand an eine Aktualisierung wagen! Diese kleine Schrift machte Friedrich Schleiermacher so richtig berühmt.

In einer anderen kleinen Schrift schildert Friedrich Schleiermacher die Weihnachtsfeier einer bürgerlichen Familie – damals noch ohne „Tannenbaum“ -, wie sie heute so ähnlich noch stattfinden könnte, ohne „große“ religiöse Bräuche, sogar ohne den üblichen Kirchgang zu Heilig Abend. Dafür dann mit einem „gelehrten“ Gespräch über den Sinn der Weihnachtsgeschichte und die Frage, ob sie denn noch mehr als ein Märchen (19.Jahrhundert!) bedeuten könne. Eine Frage, die heute viele ohne ein Interesse an einem Gespräch verneinen würden.


Sonntag, 13.2.2022

Mit dem Sonntag Septuagesimae beginnt die Vorfastenzeit oder auch vorösterlicher Bußzeit, die im 6.Jahrhundert der vierzigtägigen Fastenzeit vorangestellt wurde. Der schöne Name – ich mag ihn! -  dieses Tages bedeutet „Der Siebzigste“. Zielpunkt dieser mehr oder weniger präzisen Zeitangaben ist immer der Ostersonntag, der Tag der Auferweckung Jesu von den Toten. Wer nachzählt, wird feststellen, dass es von heute an weniger als siebzig Tage bis Ostern sind. Wie viele genau, verrate ich nicht!

Das Perikopenbuch der Evangelischen Kirche in Deutschland gibt Hinweise zur Gestaltung: „Schon die Texte dieses einstigen ersten Fastensonntags machen deutlich, dass sich die >Passionszeit< als liturgische Vorbereitung auf das Osterfest nicht auf einen wochenlangen Ausblick auf das Leiden Christi erschöpft. Vielmehr will sie den Blick auf Gottes Güte lenken, der uns reicher beschenkt, als wir es uns je verdienen können.“

Im katholischen Kalender werden diese Wochen vor Aschermittwoch zu den Sonntagen im Jahreskreis gezählt. Eine Folge der Liturgiereform des 2.Vatikanischen Konzils. Seit 1969 ist die Vorfastenzeit nicht mehr in der „Grundordnung des Kirchenjahres“ (siehe wikipedia) enthalten.

Im Schatten des Apostels Paulus verbreiteten noch viele andere Menschen mit großer Ausdauer und oft unter Einsatz ihres Lebens die frohe Botschaft von Jesus. Die Apostelgeschichte bedenkt diese Botschafter Gottes (=Engel) und ihre Leistung leider nur mit wenigen Worten. Im Mittelpunkt steht zunächst Petrus mit Johannes, dann mit je einem Kapitel Stephanus und Philippus. Schließlich dreht sich alles nur um Paulus. Das Heiligenlexikon erinnert heute an Priska (Priscilla), die mit ihrem Mann Aquila den Apostel in Korinth bei sich in der Wohnung und Werkstatt aufnahmen. Die Apostelgeschichte gibt ihren Beruf mit Zeltmacher an. Beide waren „Juden christlichen Glaubens“, die zuvor in Rom lebten. Dort wurden sie wegen Unruhen in den Synagogen wegen eines „Chrestus“ ausgewiesen. Später gingen sie mit Paulus nach Ephesus, wo wie sie wieder die „Operationsbasis“ für den umtriebigen Missionar stellten.

 


Montag, 14.2.2022

Was wird uns außer dem berühmt-berüchtigten Valentinstag geboten? Immerhin hat es Valentin, bzw. die beiden Valentins (Valentin von Terni und Valentin von Rom) als mixed couple in die jährliche Berichterstattung unserer Medien gebracht. Das schaffen nicht viele!

Wir gedenken der Brüder Cyrill und Methodius (9.Jahrhundert) aus Thessaloniki (bitte selber nachlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Kyrill_und_Method) und dem Antonius von Sorrent, der im selben Jahrhundert Abt des berühmten Ursprungsklosters der Benediktiner in Montecassino gewesen ist. Zu seiner Zeit wurde das Kloster von den Langobarden zerstört. Warum er als Heiliger verehrt wird, dazu finden sich keine Angaben.

Der evangelische Namenkalender verweist auf Johannes Daniel Falk, den vermutlich niemand kennt, dessen berühmtestes Lied wahrscheinlich schon jeder mitgesungen hat: O du Fröhliche! Dabei fällt mir auf, wie viele Liederdichter die Aufnahme in diesen Kalender geschafft haben! Durch Lieder, die bereits zwei, drei oder vier Jahrhunderte in allen Kirchengemeinden gesungen wurden und weiterhin gesungen werden. Evergreens nennt man so etwas im säkularen Bereich. O du Fröhliche wird auch in den nächsten Jahrzehnten ein „must“ bleiben. Aber wer ist Johann Daniel Falk gewesen?

Beinahe wäre er Perückenmacher geworden, wie sein Vater, bei dem er seit seinem 10. Lebensjahr in die Lehre gegangen ist. Ein Lehrer und ein Pfarrer erkannten seine Begabung und förderten ihn, so dass er wieder die Schule besuchen und sogar studieren konnte. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Journalist und Schriftsteller.

Johann Daniel Falk, der selbst vier Kinder durch Typhus verloren hatte, setzte sich im Gefolge der Völkerschlacht bei Leipzig für verwaiste Kinder ein, nahm über dreißig bei sich zu Hause in Weimar – er war mit Goethe befreundet - auf, gründete eine Schule und schließlich ein „Rettungshaus“. „O du Fröhliche“ dichtete er für seine Waisenkinder. In den Weihnachtsgottesdiensten singen wir eine veränderte Fassung.

 


Dienstag, 15.2.2022

Aus welchen Ländern stammen die meisten Heiligen? Diese Frage kommt mir in den Sinn, als ich den Namen Siegfried von Växjö lese. Dritter Bischof im schwedischen Skara. Die Lektüre im Heiligenlexikon offenbart dann seine englische Herkunft. 995 kam er als Missionar zuerst nach Norwegen, dann nach Schweden, wo er im Jahr 1045 in Växjö starb. Allzu viel ist über seine Person und sein Wirken nicht zu erfahren. Er gilt als Apostel Schwedens.

Noch einmal zurück zur Herkunftsfrage: Diejenige des Hl. Onesimus (wenn es sich nicht wieder um einen Fake-Heiligen handelt) ist nicht festzustellen, er soll in Ephesus, also an der türkischen Westküste, gewirkt haben. Claude de la Colombière (1641-1682) ist eindeutig Franzose gewesen.

Der evangelische Namenkalender nennt Georg Maus, einen Pädagogen, Mitglied der Bekennenden Kirche und Widerstandskämpfer, der in der Nähe von Marburg geboren wurde. Er wurde 1944 wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. „Kurz bevor die Rote Armee die Reichshauptstadt einnahm, wurde er in einem Gefängniszug auf Transport in das KZ Dachau geschickt. Ohne jegliche Verpflegung und Wasser starb Georg Maus in diesem Zug. Als Hungerleiche wurde er in Hochstadt bei Lichtenfels aus dem Zug geworfen. Nachdem der Leichnam mehrere Tage dort gelegen hatte, wurde er im nahe gelegenen KZ Flossenbürg begraben.“ (wikipedia)

Mein flüchtiger Eindruck: Heilige aus den ersten Jahrhunderten stammen eher aus dem Mittelmeerraum, oft aus Kleinasien, Syrien, Nordafrika, dann verlagert sich der Schwerpunkt Richtung Italien und Frankreich, bis dann irgendwann im Mittelalter Iren, Schotten und Engländer dominieren. Aber diese erste Hypothese bedarf noch der strengen Überprüfung.

Im evangelischen Namenkalender dominieren hingegen eindeutig Männer aus Deutschland, viele Pfarrer, viele Liederdichter. Heute finde ich im Pfarramtskalender einen weiteren Komponisten verzeichnet. Michael Prätorius. Die Musik spielt auf jeden Fall eine wichtige Rolle bei den „Evangelischen“.

 


Mittwoch, 16.2.2022

Dieser Lebenslauf fällt aus dem Rahmen der bisher Bedachten. Ein Ingenieur und Erfinder war noch nicht dabei, wenn ich mich recht entsinne. Es handelt sich um Wilhelm Schmidt (1858-1924), der, laut wikipedia, die Entwicklung der Heißdampf-Technik für die Dampfmaschine zum Durchbruch brachte. Insgesamt erhielt er 1400 Patente und wurde als Ehrendoktor ausgezeichnet.

Wikipedia charakterisiert den jungen Wilhelm so: Während seiner Wanderjahre begann sich Schmidt für Kant, Goethe und vor allem Schiller zu interessieren, dessen Gedichte er zum Teil auswendig lernte. Nachdem er jedoch von einem anderen Handwerksburschen ein Neues Testament erworben hatte, vertiefte er sich so sehr in dessen Lektüre, dass er daraufhin – ohne Einwirkung anderer Menschen – nach eigenem Bekunden den eigentlichen Wendepunkt seines Lebens erlebte. Ab diesem Zeitpunkt richtete Schmidt sein Leben mit großer Konsequenz auf die Nachfolge Jesu aus. Er selbst sagte dazu: „Ich kam zum Glauben.“ Die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeine wurden fortan seine intensive tägliche Lektüre.“

Seine Einschätzung zum 1.Weltkrieg weicht von der anfangs üblichen Begeisterung ab: „in sein Tagebuch notierte er am 6. August 1914: „Was wird Gott sagen zu dem sittlichen Bankrott von Europa? Die christlichen Völker sind reif zum Zertreten.“ Als der Krieg dann furchtbare Wirklichkeit geworden war, sagte er voraus: „Wird der göttliche Weck- und Bußruf dieses Weltkrieges nicht gehört, so sind die grauenhaften Dimensionen des Krieges zugleich die göttliche Weissagung auf die entsetzliche Größe des nun erst zu erwartenden Gerichts über die christliche Welt“. Diese und vergleichbare Aussagen bewirkten, dass Schmidt später aus der Rückschau von Christen als Prophet wahrgenommen wurde.“
Das Ökumenische Heiligenlexikon bewertet sein Wirken skeptischer: „Seine Erfindungen schienen Schmidt aber angesichts der drohenden Verlorenheit der Welt nichts wert. Mit Friedrich von Bodelschwingh verband ihn Freundschaft, von Bethel bei Bielefeld aus gab Schmidt Mahnrufe an das Volk heraus. Manche seiner Meinungen - z. B. dass das angelsächsische Christentum das deutsche aufgeweicht habe - und seine antisemitischen Äußerungen muten heute zumindest merkwürdig an."

 

 

Freitag, 17.2.2022

Wenn einmal die Aufmerksamkeit auf die Pfarrer und Liederdichter gelenkt ist, dann bemerkt man sie beinahe täglich. Ein Johann Heermann (1585-1647) wird heute in den Mittelpunkt gerückt. Er gilt als Inspirator deutscher Barockdichter. Sage und schreibe neun seiner 400 Dichtungen finden sich im Evangelischen Gesangbuch. Ich gestehe: Mir sind seine Lieder bisher nicht sonderlich aufgefallen. Ich halte sie – auch für langjährige und regelmäßige – Gottesdienstbesucher für äußerst erläuterungsbedürftig. Die sogenannte Barockzeit mit ihrer Vorstellungswelt ist uns sehr fremd geworden. Sagen wir´s mal so. Ich bezweifle, dass sie noch viel gesungen werden.

Die Heiligen des heutigen Tages gehören nicht zur ersten Riege, soweit ich das einschätzen kann. Ich lerne sie gerade erst kennen. Finan von Lindisfarne lebte zuerst als Mönch auf Iona, später wurde er zum Abt des Klosters Lindisfarne berufen. Die Ruinen sind heute ein beliebtes touristisches Ziel. Finan stemmte sich gegen die Vereinheitlichungen durch die römische Kurie und verteidigte den keltischen Ritus und die entsprechenden Traditionen, z.B. einen anderen Termin für das Osterfest. Ein erstaunlich altes Thema: Wie viel Normierung verträgt der Mensch? Wie viel Selbstbestimmung ist nötig für ein erfülltes Leben? Und natürlich steht dahinter auch „die Machtfrage“: Wer „darf“ bzw. kann dem/der anderen vorschreiben, wie er/sie zu leben hat?

Schließlich entdecke ich in meinem Pfarramtskalender einen prominenten Namen: Der Schweizer Pädagoge, Philanthrop, Sozial- und Schulreformer, Philosoph und Politiker Johann Heinrich Pestalozzi starb am 17.Februar 1827 in Brugg im Kanton Aarau. Mit diesen Titeln wird er bei wikipedia eingeführt.

In unserem Stadtteil erinnert eine Straße an den Pionier einer ganzheitlichen Pädagogik: „Der Grundsatz von Pestalozzis Pädagogik ist, ein sicheres Fundament an Elementarbildung zu legen, das den Menschen befähigt, sich selbst zu helfen (dem ähnelt das Motto «Hilf mir, es selbst zu tun» der späteren Montessori-Pädagogik). Bei der Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten strebt Pestalozzis Pädagogik an, Kräfte zu entfalten, die bei den Schülern bereits natürlich angelegt sind. “(wikipedia)"


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